Die Welt des mexikanischen Kunsthandwerks ist wie ein Rausch voll Imagination, Humor, Farbe und Klang. Innerhalb einer schier unendlichen Vielfalt an Volkskunst-Objekten nehmen Miniaturen einen herausragenden Platz ein. Nicht nur, weil es kaum einen Gegenstand gibt, der nicht in kleiner und kleinster Form nachgebildet wird, sondern weil Miniaturen in fast allen mexikanischen Haushalten vorhanden sind und in vielen Geschäften und auf den Märkten ihren festen Platz im Sortiment haben. In vielen Familien gibt es Miniaturen, die als Sammlerstücke von Generation zu Generation weitergegeben werden.
Mexiko ist von gewaltigen Landschaften geprägt: Vulkanen, Bergen, Wüsten, Meeren, Flüssen und Schluchten. Dies hat von Kindheit an die Liebe zum „Kleinen“ und „Kleinsten“ als Gegenpol zu dieser Monumentalität gefördert. Daher findet man überall Miniaturen neben Gigantischem. In der vorspanischen Zeit wurden kleine Nachbildungen der riesigen Berge geschaffen. Heute stehen den Wandmalereien von Diego Rivera und anderen bekannten mexikanischen Künstlern winzig kleine Bilder in halben Walnuss-Schalen gegenüber, geschaffen von Volkskünstlern, deren Namen uns zumeist unbekannt sind.
Manche Gegenstände unterliegen einer Mode für nur wenige Jahre oder sind abhängig von der Verfügbarkeit bestimmter Materialien und finden keine sehr große Verbreitung. Andere Objekte können - wenn auch manchmal nur noch in abgewandelter Form - seit Jahrhunderten nachgewiesen werden. Immer wieder kommt es auch zur Kreation neuer Produkte als Antwort auf die sich ändernden Lebensumstände. Schließlich hat sich eine Auftragskunst für in- und ausländische Käufer entwickelt.
Zum einen gibt es die kleinen Alltagsobjekte, die den Kindern gegeben werden. Sie sollen damit ihre späteren Aufgaben als Erwachsene bereits im frühen Alter durch Imitation lernen können. Miniaturen sind also oft als so genanntes didaktisches Spielzeug anzusehen. Dies hat in Mexiko vorspanische Wurzeln: Miniaturen wurden bei der Feier der Namensgebung neben das Neugeborene gelegt, um so auf seine zukünftigen Tätigkeiten zu orientieren. Heute stehen viele Miniaturen auch an der Grenze zwischen Dekoration und Spielzeug. Zum anderen werden Gegenstände in verkleinerter Form für magische Zwecke, zum Beispiel als Amulette und Glücksbringer, sowie als Opfergaben bei religiösen Ritualen benutzt. Noch immer dienen sie als Votivgaben, aber auch als wichtige Utensilien bei Heilritualen und Regenbittfeiern. Zu christlichen Festen - besonders Weihnachten - werden Miniaturen mit einem der vielleicht am häufigsten dargestellten Motive gefertigt - die Geburt Jesu in Form von Krippenszenen, von denen es in der Ausstellung mehrere zu sehen gibt.