© andreas130 / www.fotolia.de
KULTURpur - Wissen, wo was läuft!

Psychiatrie-Museum Bern


Bolligenstrasse 111
3000 Bern
Tel.: 031 930 97 56
Homepage

Öffnungszeiten:

Mi-Sa 14.00-17.00 Uhr
Der Museumsgedanke reicht bis ins Jahr 1914 zurück. Anlass dazu bot die Landesausstellung 1914 in Bern, an der sich auch die Bernische kantonale Irrenanstalt Waldau beteiligte. Parallel dazu erwachte in dieser Zeit an mehreren Orten Europas das Interesse an der bildnerischen Gestaltung psychisch Erkrankter- und so überrascht es nicht, dass der Psychiater Walter Morgenthaler (1882-1965) auf die Museumsidee stiess, zumal er schon seit einigen Jahren Adolf Wölfli (1864-1930) als seinen Schützling begleitete.
Unter Mithilfe des Pflegepersonals und anderer engagierter Ärzte richtete Morgenthaler ein Museum in zwei Räumen über dem einstigen Hörsaal des Neubaus (der heutigen Alten Klinik) ein. In einem der Räume wurden Modelle früherer Behandlungsmethoden, historisch gewordene Gegenstände wie Deckelbad, Zwangsjacken, Gurten, Fluchtobjekte und Anstaltsdokumente aufbewahrt, im anderen die Zeichnungen, Schriften und KompositionenAdoIfWölflis sowie die Arbeiten vieler anderer Patienten. Ein besonderes Augenmerk schenkte Morgenthaler dem Sammeln von Bildern und Texten, die er als Untersuchungsmaterial für seine Habilitationsschrift Übergänge zwischen Zeichnen und Schreiben bei Geisteskranken (1918) benutzte. Doch auch nach dem Erscheinen dieser Publikation und des berühmt gewordenen Buches Adolf Wölfli. Ein Geisteskranker als Künstler (1921) setzte er seine Sammeltätigkeit für das Museum bis etwa 1930 fort, wie sein Zettelkatalog belegt. Nach Morgenthaler fiel das Museum in einen Dornröschenschlaf, auch wenn die Klinikdirektion immer für Betreuung sorgte.
1987 leitete der Klinikdirektor, Prof. Dr. Wolfgang Böker, die seit langem notwendig gewordenen Archivierungsarbeiten der Sammlung in die Wege. Während die gross angelegte Sanierung des Pfründerhauses im Gange war, gründete er 1990 die Stiftung Psychiatrie-Museum Bern, die Eigentümerin des 1993 eröffneten Museums ist. So gelangte die ganze Sammlung, welche heute fachmännisch betreut und auch ergänzt wird, von der Alten Klinik ins Museumsarchiv des Pfründerhauses.
Neben historisch wichtigen Gegenständen und Dokumenten beherbergt das Museum auch eine Sammlung bildnerischer Patientenarbeiten, die mehrheitlich auf jener Morgenthalers beruht. Sie umfasst über 2500 Bilder (Zeichnungen, Aquarelle, Ölbilder und Collagen), rund 1500 Textblätter (zwei Drittel der Texte in deutscher, ein Drittel in französischer Sprache) sowie viele Stoffarbeiten (etwa Puppen), aber auch Objekte aus Holz,Ton, Keramik und anderen Materialien.
Im einen Raum des Psychiatrie-Museums befindet sich die Dauerausstellung Bernische Psychiatrie vor und nach dem Bau der Waldau. Der Rundgang durch die Ausstellung dokumentiert etappenweise Geschichte und Wandel der bernischen Psychiatrie. Er führt vom Spätmittelalter über die Zeit der Reformation bis zum Bau des Tollhauses (1749) und dessen Erweiterungen, von der Gründung der Irren-, Heil- und Pflegeanstalt Waldau bis zur heutigen modernen psychiatrischen Universitätsklinik.
Das Psychiatrie-Museum Bern und sein Archiv sind im Pfründerhaus untergebracht, das der Kanton Bern 1989-1991 umbauen und restaurieren liess.
Der Bau des Pfründerhauses wurde 1755 vom Berner Rat beschlossen; als Projektleiter zeichnete Ludwig Emanuel Zehender. 1759 war der Rohbau vollendet, erst um 1765 konnten die ersten Patienten einziehen. Das Gebäude hiess anfänglich Blatter- und Pfründerhaus und diente der Unterkunft von Hautkranken sowie Pfründern (Alterspatienten). 1891 wurde das Ausserkrankenhaus - zu dem das Blatternspital gehörte - mit seinen Insassen auf das Areal des Inselspitals Bern verlegt. Darauf beherbergte das Pfründerhaus bis 1980 Kranke der Waldau.
Das schmucke Bauwerk in bernischem Spätbarock wirkt durch die ausgewogenen Proportionen des Gesamten und seiner Einzelteile. Die elfachsige Hauptfront ist ziemlich parallel zur Strasse angelegt, zwei Seitenflügel schliessen den rückseitigen Hof ein. Besondere Beachtung verdient die wohlgestaltete Eingangspartie mit den Louis-XV-Konsolen der Portalbekrönung von Johann Friedrich Funk dem Älteren.
Östlich des Pründerhauses befindet sich das architektonisch eindrückliche Siechenschlössli, welches Wohnhaus des Ausserkrankenhaus-Vorstehers war. Erbaut wurde es während der Ausklänge der Spätgotik 1599 und gehört zu den ältesten datierbaren Treppenturmgebäuden des Kantons Bern.

KULTURpur empfehlen