Foto: Münchner Stadtmuseum
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Münchner Stadtmuseum mit den Sammlungen Fotografie, Puppentheater, Schaustellerei, Musik und der Sammlung Mode/Textilien

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St.-Jakobs-Platz 1
80331 München
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Öffnungszeiten:

Di-So 10.00-18.00 Uhr

Gestern oder im 2. Stock- Karl Valentin, Komik und Kunst seit 1948

24.07.2009 - 15.11.2009
Zum 100. Geburtstag Karl Valentins zeigte das Münchner Stadtmuseum 1982 die umfangreiche Ausstellung „Karl Valentin. Volkssänger? Dadaist?“, die den Komiker mit teils unbekanntem Archivmaterial in einem neuen Licht präsentierte. Neben der Verwandlungskunst, Körpersprache und Filmarbeit stand vor allem eine Rekonstruktion des wahnwitzigen Valentin-Panoptikums im Mittelpunkt dieser Unternehmung. Mit dieser Ausstellung wurde überraschend deutlich, dass Valentins künstlerische Methoden der Komik denen der Dadaisten, aber auch der künstlerischen Avantgarden nach 1945 verwandt sind, deren Protagonisten sich teilweise ausdrücklich auf diesen großartigen „Linksdenker“ (Kurt Tucholsky) berufen oder sich von ihm inspirieren lassen. Künstler wie Daniel Spoerri, Robert Filliou, Jean Tinguely, Tomas Schmit, Emmett Williams und viele andere rezipieren frühzeitig das Werk des Komikers in allen seinen Facetten, besuchten in den 1970er Jahren das damalige Valentin-Musäum und stellen dort wie Christian Boltanski (1993) oder Thomas Kapielski (1996) sogar aus, wobei der international renommierte französische Künstler Boltanski aus tiefster Bewunderung dem kleinen Musäum in München sein komplettes komisches Werk als Schenkung vermachte. Die von Daniel Spoerri organisierte Ausstellung „Karl Valentin zu Ehren“, die parallel zum Jubiläumsunternehmen 1982 ebenfalls im Münchner Stadtmuseum präsentiert wurde, thematisierte erstmalig explizit diese geistigen Verwandtschaften, und Künstler wie Günter Brus, George Brecht, Ernst Jandl, Gerhard Rühm, Loriot, André Thomkins, Stefan Wewerka oder Gottfried Wiegand schufen in großer Verehrung eigens Werke für diese „Hommage à Valentin“. Ähnliche Ausstellungen sollten dann unter anderem in Berlin und Zürich folgen. Zugleich wurden umgekehrt Valentins Werke aus dem Kölner Nachlass für zeitgenössische Kunstausstellungen ausgeliehen. Die Ausstellung „Gestern oder im 2. Stock, Karl Valentin, Komik und Kunst seit 1948“ setzt hier an, geht aber über den frühen Kreis der künstlerischen Valentin-Freunde hinaus. Denn inzwischen hat eine neue Generation von Künstlerinnen und Künstlern nicht nur Fluxus und damit Valentin für sich entdeckt, sondern neue mediale Möglichkeiten erlauben nun eine umfassende, auch internationale Auseinandersetzung mit dem gesamten Werk Valentins, das nicht mehr Geheimtipp für Kenner, sondern Teil des kollektiven Gedächtnisses ist. So versammelt die Ausstellung künstlerische Werke von Fluxus bis heute, die sich der mimetischen Verwandlung, des Sprachspiels, der Tücke des Objekts, der Destruktion, Unsinnsproduktion und damit einer radikalen Komik bedienen, in der Valentins Geist unbekümmert weiter lebt. Es geht also in dieser Ausstellung weniger um eine neuerliche Interpretation der Ideen Valentins, sondern um bestimmte Strategien, Komik in der zeitgenössischen Kunst zwischen Witz, Melancholie und Albernheit zu praktizieren. Die Ausstellung ist in diesem Sinne weniger eine Hommage als vielmehr der Versuch, sich gerade in den Experimenten zeitgenössischer Künstler der präzisen und anarchistischen Möglichkeiten des Komischen zu vergewissern. Die Ausstellung feiert den methodischen Wahnsinn der künstlerischen Komik in seinen wesentlichen Formungen und damit gleichzeitig jene geniale Ökonomie Karl Valentins, die sich in allen Exponaten mehr oder weniger ausdrücklich aufspüren lässt. Und natürlich ist „Gestern oder im 2. Stock“, wie alles, was mit diesem Komiker auch nur entfernt zu tun hat, selbstverständlich vergnüglich und kurzweilig. 1982 betont der Künstler Tomas Schmit in einem Brief: „ich finde, man darf nicht vergessen, daß valentin einer war, der s o w o h l das unterhaltungsbedürfnis des sogenannten volkes a l s a u c h das progressionsbedürfnis des intellektuellen zu befriedigen wusste!!! das hat es doch, grob gesagt, seit shakespeare nicht mehr gegeben!“ Michael Glasmeier/Wolfgang Till Die Künstlerinnen und Künstler Roland Albrecht (Museum der Unerhörten Dinge), John Baldessari, Samuel Beckett, Joseph Beuys, Anna & Bernhard Blume, Claus Böhmler, Christian Boltanski, George Brecht, Marcel Broodthaers, Joan Brossa, Günter Brus, Johannes Brus, Frieder Butzmann, John Cage, Henning Christiansen, Marcel van Eeden, Friederike Feldmann, Robert Filliou, Fischli & Weiss, Terry Fox, Gilbert & George, Dan Graham, Rodney Graham, Richard Hamilton, Arnold Hau, Georg Herold, Sofia Hultén, Rudi Hurzlmeier, Joe Jones, Mauricio Kagel, Thomas Kapielski, Arthur Köpcke, Jaroslaw Kozlowski, Peter Land, Bruce McLean, Olaf Metzel, Nanne Meyer, Jonathan Monk, Johannes Muggenthaler, M. A. Numminen, Nam June Paik, Dan Perjovschi, Eva von Platen, Sigmar Polke, Peter Radelfinger, Rattelschneck, Reinecke & Wimmer, Alexander Roob (Melton Prior Institut), Dieter Roth, Konrad Balder Schäuffelen, Ingrid Scherr, Tomas Schmit, Norbert Schwontkowski, Christiane Seiffert, Roman Signer, Andreas Slominski, Daniel Spoerri, Asli Sungu, André Thomkins, Jean Tinguely, Timm Ulrichs, Ben Vautier, Robert Watts, William Wegman, Olav Westphalen, Stefan Wewerka, Emmett Williams, Erwin Wurm

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