13.02.2011 - 15.05.2011
Er hat die Unterhose zum Markenzeichen des ehemaligen englischen Premierministers John Major gemacht, als erster die Ähnlichkeit von George W. Bush mit dem Pan troglodytes, dem Gemeinen Schimpansen, erkannt und ihn in dieser Primatenrolle gnadenlos attackiert. Und der glatten Erscheinung des derzeitigen Premierministers David Cameron trägt er dadurch Rechnung, dass er ihm stets ein Kondom über den Kopf stülpt: Steve Bell. Als typischer Vertreter des scharfzüngigen, oft brutalen britischen Humors scheut Bell Attacken auch unter der Gürtellinie nicht, sondern begreift sie vielmehr als notwendiges Ventil für aufgestauten Zorn und Ärger über Politik und Politiker.
Nun sind die Arbeiten des englischen Zeichners erstmals in einer umfassenden Ausstellung in Deutschland zu sehen. Gezeigt werden 110 Karikaturen aus den frühen 1980er Jahren bis heute. Die für die Präsentation im Deutschen Museum für Karikatur und Zeichenkunst # Wilhelm Busch getroffene Werkauswahl spiegelt die thematischen Schwerpunkte, die Steve Bell in diesen drei Jahrzehnten gesetzt, und die künstlerischen Mittel, die er dabei entwickelt hat.
Seit 1981 zeichnet der Künstler mit schier unerschöpflicher Fantasie und anarchischem Witz für den linksliberalen britischen Guardian und ist dafür mehrfach als bester politischer Cartoonist ausgezeichnet worden. Die Karikatur, so Bell, sei wichtiger denn je: Nur sie könne auf die zunehmende mediale Selbstinszenierung der Politik mit subversiven, schlagkräftigen Gegenbildern antworten - und darauf zählen, mit einem Bush als Pan troglodytes ungleich unterhaltsamer zu sein als das Original.
Steve Bell wurde 1951 in Walthamstow in East London geboren und wuchs in Slough auf, einem kleinen Ort in der Grafschaft Berkshire. Heute lebt der Vater von vier erwachsenen Kindern und Großvater von zwei Enkelkindern im Seebad Brighton.
In der Schule interessierte ihn Kunst mehr als Rugby, und die Lektüre von P.G. Wodehouse mehr als jedes Schulbuch. Steve Bell besuchte Kunstschulen in Middlesbrough und Canterbury ohne nachhaltigen Effekt - den vermittelte ihm erst das Kunststudium an der renommierten University of Leeds. 1974 machte er dort seinen Hochschulabschluss in Bildender Kunst und arbeitete danach als Kunstlehrer in Birmingham. Drei Jahre später wagte er den Schritt in die Unabhängigkeit und etablierte sich mit Comiczeichnungen für Kinder, Illustrationen und Comic strips für verschiedene Zeitschriften und Magazine wie Punch, Private Eye, The Spectator oder New Statesman als freischaffender Cartoonist.
1981 begann Steve Bells Zusammenarbeit als politischer Karikaturist mit dem Guardian, für den er seitdem fast täglich eine Bildergeschichte zeichnet, die stets mit If ... beginnt. Es ist ein kurzer, manchmal über mehrere Folgen sich fortsetzender Comicstrip, der inzwischen nicht nur unter den Lesern des Guardian Kultstatus genießt. Seit 1990 zeichnet er für den Guardian außerdem vier Mal wöchentlich die seit einigen Jahren farbig publizierte Karikatur für die Leitartikelseite, für die er mehrfach als bester politischer Cartoonist ausgezeichnet wurde. Zusammen mit dem Trickfilmzeichner Bob Godfrey hat Steve Bell zahlreiche animierte Cartoonfilme für das Fernsehen produziert und insgesamt fast 30 Bücher herausgegeben.