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Aargauer Kunsthaus


Aargauerplatz
5001 Aarau
Tel.: 062 835 23 30
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Öffnungszeiten:

Di, Mi, Fr-So 10.00-17.00 Uhr
Do 10.00-20.00 Uhr

CARAVAN 3/2016: Samuli Blatter

28.08.2016 - 13.11.2016

Für den Künstler Samuli Blatter (*1986) ist Grafit weit mehr als ein Zeichenmaterial. Es ist sein wichtigster Werkstoff. Im Aargauer Kunsthaus überführt er einen der Sammlungsräume im Obergeschoss in ein überbordendes, collagiertes Gesamtkunstwerk. Verschieden grosse, in ihrem Gestus variierende Bleistiftzeichnungen überlagern sich, bestehende Werkgruppen werden mit neuen Arbeiten kombiniert.
Vom dichten, metallisch glänzenden Strich bis zur zufälligen Verwischung – die Arbeiten des in Luzern wohnhaften Künstlers Samuli Blatter (*1986) stehen ganz im Zeichen des Grafits. Mit bewusster und kraftvoller Strichführung bringt der Künstler Kompositionen zu Papier, die an geometrische Balkenkonstruktionen, Kalligrafie oder kristalline Gebilde erinnern. Jedes Blatt ist ein Unikat, wobei der Künstler in Serien arbeitet, die bestimmten, technischen Grundentscheidungen folgen. In rasantem Tempo, mal frei aus dem Handgelenk, mal streng dem Geodreieck entlang geführt, werden Linien an- und übereinander gelegt. Dunkle Striche verdichten sich zu organisch wachsenden Flächen, die sich netzartig über die grossformatigen Papierbogen ausbreiten.
Auch in den plastischen und raumgreifenden Arbeiten von Blatter spielt das Grafit eine wesentliche Rolle: beispielsweise verbindet der Künstler Bienenwachs und Grafitpulver zu einer Modelliermasse, aus welcher er kleine Objekte und Elemente für seine Rauminterventionen fertigt. Entgegen der Leichtigkeit und Elastizität des Materials, erinnern die Objekte mit ihrer dunkel schimmernden Patina an massive Eisenplastiken und erfordern, wie auch die Zeichnungen, ein genaues Hinsehen. Kunstwissenschaftlerin Isabel Zürcher brachte Blatters Arbeitsweise treffend auf den Punkt, indem sie diese mit dem Begriff der "haargenauen Ungenauigkeit" umschrieb. Die Zeichen und Gebilde bleiben kryptisch, dennoch erinnern sie an Fährten oder geologische Fundstücke, die der Künstler in geduldiger Arbeit aus dem Material herausgeschält hat.
Für die CARAVAN-Ausstellung im Aargauer Kunsthaus schafft Blatter eine Art Collageraum, in dem sich ältere Werke mit neuen Arbeiten verbinden: Grossformatige Zeichnungen aus der Prozessor-Serie (2014) dienen als Trägermaterial für neue Bleistiftzeichnungen. Während die Untergrund-zeichnungen strenge, dunkle Balkengerüste aufweisen, überraschen die neuen Arbeiten durch einen auffallend freien Gestus. Übereinander gelagerte Zeichnungsschnipsel, sowie Spuren von Wachs und Holzleim eröffnen den Übergang von der Zeichnung zur Plastik. Die Idee der Zeichnung als Spur oder Zeichen auf einer Fläche wird so ausgeweitet und plastisch lesbar. Blatters bekundete Absicht, Zeichnungen zu schaffen, die als abstrakte Zeichen auf der Bildebene funktionieren und zugleich ihre Materialität und Haptik zum Thema machen, wird damit eingelöst.
In der gezeigten Arbeit spiegelt sich Blatters bewusster Umgang mit dem eigenen Schaffen. Ebenso wie sich die Grafitspuren in seinen Arbeiten ablagern und sedimentieren, entwickelt der Künstler sein Œuvre: Schicht für Schicht. Nichts wird jemals ausradiert, nie ist ein Werk gänzlich abgeschlossen. Häufig werden Zeichnungen zu einem späteren Zeitpunkt fortgesetzt, überzeichnet oder transformiert und, wie auch im Umgang mit den Plastiken und Installationen, als Material für spätere Arbeiten weiterverwendet.

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