20.05.2010 - 25.10.2010
2004 übernahm das Werkbundarchiv - Museum der Dinge den kompletten Nachlass Herbert Hirches aus Familienbesitz und konnte damit seine Sammlung zur Geschichte des Deutschen Werkbunds um designhistorisch bedeutende Objekte und Dokumente erweitern.
Max Bill schrieb 1978: "Herbert Hirche ist seinem Herkommen, seiner Entwicklung und seinen Auswirkungen nach ein typischer Bauhäusler", gleichermaßen kann er als ein geradezu exemplarischer Vertreter des Deutschen Werkbunds gelten: Geboren 1910, studierte er nach Wandervogeljugend, Tischlerlehre und Wanderschaft ab 1930 am Bauhaus und wurde nach dessen Schließung Mitarbeiter von Ludwig Mies van der Rohe und Lilly Reich, später von Egon Eiermann. Hirche arbeitete nach 1945 innerhalb der Planungsgruppe von Hans Scharoun am Wiederaufbau und an der Neuplanung von Berlin. Er war als Architekt und Möbel- und Produktdesigner für viele dem Werkbund verbundene Firmen wie Braun, Holzäpfel, Wilde+Spieth und Wilkhahn tätig und verantwortlich für die Präsentation einiger der wichtigsten Ausstellungen zu den Themen "Wohnen" und "Gute Industrieform" nach 1945. Seine Entwürfe waren auf internationalen Ausstellungen (Interbau Berlin 1957, Mailänder Triennalen; Weltausstellung Brüssel 1958, Documenta 1964) als beispielhaft für eine neue (west-)deutsche Produktkultur ausgestellt. Hirche war Hochschullehrer in Berlin und Stuttgart, Mitglied des Rat für Formgebung und Präsident des Verbands Deutscher Industriedesigner.
Hirche war weniger ein Propagandist der eigenen Arbeit und darum bemüht, Kanon-bildend zu wirken als vielmehr ein wirklicher Lehrer und Vermittler von empfundenen und gelebten Werten wie Sachlichkeit und Zurückhaltung: So arbeitete Hirche - weit weniger bekannt als Hans Gugelot und Dieter Rams - ab Januar 1956 für die Firma Braun und legte seine ersten Entwürfe für Phono- und Fernsehmöbel vor, die noch im selben Jahr in die serielle Fertigung gingen. Die Verpflichtung auf ethische Grundsätze wie Ehrlichkeit und Menschlichkeit in der Produktion spiegelte sich in Gestaltungsmaximen von Ordnung, Harmonie und Sparsamkeit wider. Hirche gehört zu den Pionieren des neuen Braun-Design, mit deren Entwürfen die Firma Braun, vielfach ausgezeichnet, ihren internationalen Siegeszug antrat. Der disziplinierten Zurückhaltung der Braun-Produkte entsprechen Hirches Bauten und die schlichten Möbel und Räume, die er unter anderem. für die Interbau 1957 in Berlin entworfen hat.
Der umfangreiche Nachlass Hirche beinhaltet neben Möbeln vielfältiges Foto- und Dokumentenmaterial zu Leben und Werk Herbert Hirches und seinem Umfeld. Die Retrospektiven "herbert hirche. architektur innenraum design" 1978 und 1993 haben ausgeführte Werke Hirches umfassend präsentiert. Das Werkbundarchiv - Museum der Dinge zeigt nun erstmals eine Auswahl an Fotos, Plänen, Zeichnungen und Skizzen, darunter Fotos und Dokumente, die die Mitarbeit Hirches bei Ludwig Mies van der Rohe und Lilly Reich in den dreißiger Jahren illustrieren sowie bisher unveröffentlichte Entwürfe für die Firma Braun.