14.03.2008 - 15.09.2008
Im Sommer des Jahres 2008 gilt eine große Ausstellung im Vineta –Museum der Stadt Barth dem Schaffen der Textilartistin Stefanie Alraune Siebert. Damit wird dieser international bekannten Künstlerin zum ersten Mal eine umfassende Werkschau gewidmet. Installationen, Fotografien, Skulpturen und Filme von 1981 bis heute werden in einem sehr persönlichen Parcours präsentiert.
Stefanie Alraune Siebert ist die bedeutende Protagonistin einer Entwicklung, die in den 1960-er Jahren einsetzte und die traditionellen Vorstellungen vom Wesen der bildenden Kunst ad absurdum führte.
Mit ihren eigenwilligen Figurationen gehört die Textilkünstlerin zu den Vertretern der Softart innerhalb der Pop-Kultur. Ihre Plastiken aus Textilien sind dem surrealistischen und dadaistischen Erbe verbunden und zeichnen sich durch eine große Themen- und Formenvielfalt aus. Sie vertritt eine Kunst, die ihre Form direkt dem Leben verdankt. Suggestive Bewegung ist hier entscheidend, die Dynamik banaler, aber folgenschwerer Eingriffe in Zivilisation und Zeit. Aus Textilem, den „weichen“ Materialien Samt, Seide, Watte, Trikot, formt die Künstlerin skurrile lebensgroße Figuren und „Zeit-Symbole“. Wie die Geister, die man rief und nicht mehr loswird, läuft die Zivilisation - bildlich - wirklich über: Sahne quillt über den Tortenrand, und unter der Üppigkeit des Festschmauses drohen Stadt und Land wie unter einer Flutwelle des Überflusses zu ersticken. Ein „Vineta -Syndrom“.
Nähen bedeutet für Alraune «Symbole» umzuwandeln, sie der Öffentlichkeit als neue, herausfordernde Stolpersteine zurückzugeben, als Zeichen von Affektiertheit, Dekadenz und Zynismus in einer bizarr überzeichneten Welt des Luxus.
Zum Werk Stefanie Alraune Sieberts - Einordnung in die Kunstszene
Was sich in der Kunst der 1970-er Jahren in Amerika und Europa in teilweise konträren Formen und Konzeptionen niederschlug und das System von Ausdrucks- und Gestaltungsstrategien revolutionierte, beflügelte auch Stefanie Alraune Siebert, als sie zu Beginn der 1980-er Jahre begann, neue künstlerische Möglichkeiten auszuloten und eine eigene Formensprache zu entwickeln. Wie grandios sich ihr Oeuvre entfalten würde, war anfangs noch nicht vorhersehbar.
Nicht erst heute sieht man die latenten Verbindungen ihrer Arbeiten mit den virulenten Strömungen der Soft-Art von Performance, Arte Povera und Conceptual Art. Sie alle nämlich reflektieren auf ästhetisch sehr unterschiedliche Weise die Dialektik von Individuum und Gesellschaft. Dabei liegt die Affinität zur textilen Materialien in der sich ausprägenden Sensibilität für das “Weichwerden“ von Wirklichkeit, der – mit den Erfahrungen des frühen 20. Jahrhunderts – nicht mehr getraut wurde.
Den klassischen künstlerischen Techniken werden in dieser Zeit so genannte ‚weiblicheÂ’ Techniken hinzugefügt, so etwa in Hannah Höchs ‚Dada-PuppenÂ’ von 1916 oder der Stoffplastik von Sophie Taeuber und Hans Arp von 1918/19. Das bedeutet auch, dass die klassische Würde von “Kunstmaterial“ demontiert wird, denn damit kommen traditionell weibliche Tätigkeiten wie Nähen, Stricken und Stopfen zum Einsatz, die im akademischen Vermittlungskanon künstlerischer Techniken nicht vorgesehen waren. Diese Arbeiten unterlaufen den darstellerischen Anspruch klassischer Kunstgattungen. Eine der möglichen surrealistischen Kunstäußerungen bestand in der Verwendung von kunstfremden, und „weichem“ Material, ein Tiefschlag gegen das Pathos akademischer Kunstübung. Die Textilkünstlerin Stefanie Alraune Siebert hat ihre Formensprache in der Soft-Art gefunden.
Manchmal passt die Welt durch ein Nadelöhr: Die Textilkünstlerin Alraune kreiert aus Stoff einen ganz eigenen Kosmos.