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Stiftung Moritzburg - Kunstmuseum des Landes Sachsen-Anhalt


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06108 Halle (Saale)
Tel.: 0345 21 25 90
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Öffnungszeiten:

Di 10.00-19.00 Uhr
Mi-So 10.00-18.00 Uhr

Ernst Ludwig Kirchner: Ein gezeichnetes Leben / Sammlung Hermann Gerlinger

24.06.2012 - 23.09.2012
»Kirchner zeichnet wie andere Menschen schreiben«, äußerte der Künstler einmal über sich selbst. Ernst Ludwig Kirchners Kunst entsprang in hohem Maß dem selbst Erlebten und entwickelte sich aus dem persönlichen Umfeld, auf das er unmittelbar reagierte. So hielt er Straßen und Architektur in Dresden und Berlin fest, zeichnete immer wieder seine Freundinnen und Modelle, ebenso wie die Kokotten des großstädtischen Nachtlebens oder später die Schweizer Bauern und die Alpenlandschaft an seinem Wohnort Davos.
Kirchner als besessener Zeichner, davon künden nicht nur die zahllosen Skizzenbücher, die sich allein in seinem Nachlass erhalten haben, sondern auch etwa 10.000 Zeichnungen, Aquarelle und Pastelle des Künstlers, die durchaus autonomen Bildcharakter haben und als eine Art visuelles Tagebuch gesehen werden können. Mit Werken aus der Sammlung Hermann Gerlinger wird Kirchners »gezeichnetes Leben« in seiner stilistischen Vielfalt über alle Schaffensphasen repräsentativ gewürdigt.
Die neue Ausstellung aus der Sammlung Hermann Gerlinger ist dem Leben und Wirken Ernst Ludwig Kirchners gewidmet. Sie ist zugleich Auftakt für einen Zyklus, der sich ausführlich mit den Handzeichnungen der „Brücke“-Maler beschäftigen wird. Dass diese Reihe mit Kirchner eröffnet wird ist kein Zufall, gilt er doch als einer der bedeutendsten Vertreter der Zeichenkunst des 20. Jahrhunderts.
Die ausgestellten Arbeiten nehmen Bezug auf Kirchners Lebensstationen Dresden, Berlin und Davos, zeigen Akte im Atelier und in freier Natur sowie Paare und Tanzszenen. Daneben finden sich Landschaften und Interieurs, Strand- und Straßenszenen sowie schließlich die Bewohner und Landschaften der Schweizer Bergwelt.
Unter den zahlreichen Bildnissen findet man Selbstporträts des Künstlers sowie den „Brücke“-Freund Erich Heckel, oder Kirchners Lebensgefährtinnen Dodo und Erna. Bei Kirchner sind die Zeichnungen nicht nur bemerkenswerte Zeugnisse seiner Kunst, sondern zugleich auch eine Art visuelles Tagebuch seines Lebens, das ungewöhnlich eng mit dem Werk des Expressionisten verbunden ist.
Bewundernswert ist die stilistische Vielfalt der Zeichnungen. Dabei diente ihm sein Fundus an Skizzen als „Form- und Ideenspeicher“, der ihn mit seiner thematischen Breite und gestalterischen Vitalität immer wieder zum „Neuschaffen früherer Erlebnisse“ anregte. Die unterschiedlichen Motive hatten für seine Kunst eine gleichwertige Bedeutung. Er zeichnete überall, wo er sich befand, ob im Atelier oder unterwegs. Tausende von Arbeiten entstanden auf diese Weise: Von flüchtig notierten Eindrücken und Szenen bis hin zur großformatigen, bildmäßig ausgearbeiteten Zeichnung ist alles vertreten. Kirchner beherrschte Kreide, Pastell, Kohle, Tusche und Bleistift – in jeder Technik ist er als Zeichner ein überragender Virtuose.
Dies verdeutlichen die 64 Werke in der Ausstellung, indem sie einen nahezu vollständigen Überblick über die gesamte Bandbreite von Kirchners zeichnerischem Schaffen ermöglichen. Der Sammler Hermann Gerlinger hat es verstanden, mit Konsequenz über Jahrzehnte hinweg Werke Kirchners – spontane Skizzenblätter, Bleistift- und Tuschzeichnungen, aber auch Aquarelle und Pastelle – von hervorragender Qualität zusammenzutragen. Erst jüngst hat dieser reiche Sammlungsbestand durch ein sehr seltenes Selbstporträt aus dem Jahr 1927, die stark bewegte Tuschzeichnung Waldstück am Bach im Sertigtal (1923) oder die kolossale, 1930 geschaffene Zeichnung Porträt Elisabeth Hembus wertvollen Zuwachs erhalten.

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