Die Kunstschule Burg Giebichenstein hat sich über 100 Jahre hinweg in der Auseinandersetzung mit den Visionen der Moderne und aus der Erfahrung in ihren Werkstätten immer wieder selbst erfunden. Von ihrem Gründungsdirektor, dem Architekten Paul Thiersch, wurde sie aus der Handwerkerschule der Stadt Halle zu einer Werkkunstschule entwickelt, die den Reformideen des Werkbundes folgte. 1920 bezog sie mit ihren Werkstätten unter dem aufragenden Turm die Unterburg Giebichenstein, von der sie den Namen erhielt und die ihr Signet inspirierte. Aus der neben dem Bauhaus modernsten und erfolgreichen Werkkunstschule wurde 1959 die Hochschule für Kunst und Design, die, sich auf ihre Tradition stützend, moderne Seriengestaltung in der Lebens- und Arbeitsumwelt programmatisch entwickelte.
Wie ästhetisch und sozial avancierte Ideen der BURG seit 1915 zwischen Experiment und Erneuerung von Tradition zu angemessener, dekorativer, sachlicher und dabei künstlerisch durchdrungener Form finden konnten, wie ihre Gestaltungen die Stadt Halle prägten, wie der Organismus BURG sich aus der kreativen Individualität seiner Lehrer und Schüler speiste und mit seinen Produkten schon früh internationale Aufmerksamkeit erfuhr, wie ästhetische und soziale Verantwortung in serielle Gestaltung umgesetzt wurde – das wird in der Ausstellung anhand beispielhafter Gesamtprojekte und impulsgebender Entwicklungen sichtbar. Von den Puppenspielen (1918 – 1932), dem Flughafenrestaurant Halle-Leipzig (1930/31) bis hin zum modularen Möbel-Programm MDW (1965 – 1990), der komplexen Arbeitsumweltgestaltung für das Mifa-Fahrradwerk in Sangerhausen (1977/79) oder der Gestaltung für das BMW-Werk Leipzig (2012) entfaltet sich in räumlichen Inszenierungen die manchmal stürmische Geschichte der bis heute international geschätzten Kunstschule.