05.10.2010 - 22.11.2010
Emma (Külz-)Trosse (1863-1949) – Pädagogin und autodidaktische Medizinautorin – publizierte noch vor bekannteren Zeitgenoss_innen im Leipziger Verlag von Max Spohr über gleichgeschlechtliche Liebe. Das Schwule Museum würdigt die Vorreiterin der homosexuellen-emanzipatorischen Publizistik mit einer biographischen Ausstellung im Kabinett.
Emma Johanna Elisabeth Trosse (1863-1949) ist weltweit die erste Frau, von der wir bislang wissen, die eine eigenständige Abhandlung zu weiblicher Homosexualität vorgelegt hat. Ihr Buch mit dem Titel "Ein Weib? Psychologisch-biographische Studie über eine Konträrsexuelle" erschien im Jahr 1897 im Leipziger Verlag von Max Spohr. Sie hat damit zu diesem Thema zeitlich vor Johanna Elberskirchen und Theo Anna Sprüngli (aka Anna Rüling) publiziert, die sich beide im Jahr 1904 outeten. Eine erste Publikation von Trosse über das gesellschaftliche Phänomen der gleichgeschlechtlichen Liebe, "Der Konträrsexualismus in Bezug auf Ehe und Frauenfrage", war bereits 1895 bei Spohr erschienen – dort noch vor den Schriften des bekannten Berliner Sexualforschers Magnus Hirschfeld (1868-1935).
Emma Trosse versteht Konträrsexualität als angeborene Veranlagung, daher als „natürlich“ und historisch schon immer existent. Auf dieser Grundlage spricht sie sich für eine Entpathologisierung und gegen Kriminalisierung von Männern durch den Paragraphen 175 RStGB aus. Äußerst früh und scharf prangert sie darüber hinaus Formen gesellschaftlicher Diskriminierung von homosexuellen Frauen und Männern an. Innovativ sind auch Emma Trosses Überlegungen zu Menschen „ohne Sinnlichkeit“, worunter wohl Personen ohne sexuelle und erotische Interessen zu verstehen sind. Als einen solchen Menschen versteht Emma Trosse sich selbst. Ihre Schriften über Konträrsexualität und "freie Liebe" werden in verschiedenen Ländern verboten.