29.05.2008 - 20.07.2008
In seiner einzigen Museumsausstellung 2008 in Deutschland stellt der isländisch-dänische Künstler Olafur Eliasson (*1967) sein während der vergangenen drei Jahre entwickeltes Projekt unter dem Titel »Your mobile expectations: BMW H2R project« in der Pinakothek der Moderne vor.
Das 16. BMW Art Car, bei dem Eliasson die Außenhülle durch eine fragile Haut aus Eis ersetzt, hat in seiner finalen Version in München Premiere. Grundlage der künstlerischen Arbeit von Eliasson ist der BMW H2R, ein wasserstoffbetriebener Rennwagen, der zur Erzielung von Geschwindigkeitsrekorden bei gleichzeitigem Streben nach einer zukunftsweisenden Umweltverträglichkeit von BMW entwickelt wurde.
Olafur Eliasson, dessen Arbeiten aktuell in einer umfassenden Übersichtsausstellung im New Yorker MoMA und P.S.1 präsentiert werden, beschreibt die Auseinandersetzung mit dem wasserstoffbetriebenen Rennwagen im Zusammenhang mit seinen künstlerischen Ideen:
»Durch das Zusammenführen von Kunst, Design, sozialen und umweltspezifischen Aspekten hoffe ich, einen Beitrag dazu zu leisten, unser Denken, unser Fühlen und unsere Erfahrungen, die mit dem Auto verbunden sind, zu verändern und das Auto in Bezug zur Zeit und zum Raum, in der bzw. dem wir leben, zu setzen. Grundsätzlich bin ich der Auffassung, dass Objekte nicht isoliert betrachtet werden können. Sie sind stets Teil komplexer physischer und geistiger Beziehungen, sie verändern sich im jeweiligen Kontext und sind von den Werten und Erwartungen ihrer Benutzer abhängig. Sie fügen sich der Relativität der Dinge und der Vergänglichkeit.«
Olafur Eliasson ersetzte die Außenhülle des H2R Prototyps durch eine ebenso komplexe wie fragile Haut aus zwei übereinander liegenden spiegelnden Metallschalen, die sich netzartig über die Karosserie ziehen und mit vielfach übereinander liegenden Eisschichten überzogen sind. Auf diese Weise verwandelt Eliasson ein Objekt avancierter Fahrzeugtechnologie und des Industriedesigns in ein Kunstwerk, das auf ebenso ausgeklügelte wie poetische Weise Themen wie Mobilität, Temporalität und erneuerbare Energien sowie das Verhältnis zwischen Autoproduktion und globaler Erwärmung reflektiert.
Für Olafur Eliasson ergeben sich während dem Projekt folgende Fragen:
»Wie können wir der Tatsache, dass all unser Tun auf dieser Welt globale Konsequenzen hat, eine konkrete Dimension verleihen? Wie können wir als Konsumenten und Realitätsschaffende Transport und Fortbewegung in eine andere Richtung lenken? Wie können wir Druck auf das Automobil als Objekt ausüben?«
Olafur Eliassons Transformation des H2R - Fahrzeugs ist als künstlerische Arbeit, die zeitlich und inhaltlich verortet ist, eine Design-Provokation und stellt die tief greifenden Auswirkungen von Kunst und Design in ihren zeitgenössischen gesellschaftlichen Zusammenhängen zur Diskussion.
»Im traditionellen Autodesign wird das Auto als begehrenswertes Objekt inszeniert, ja fast schon fetischisiert sowie als Ware definiert und dabei seiner Beziehung zur Umgebung und Zeit beraubt. Im Autodesign steht die Rentabilität der Fortbewegung im Vordergrund. Es gilt, dem etwas entgegen zu setzen. Meiner Meinung nach müssen wir uns auf die Wiedereinführung des Parameters Zeit als Hauptquell unserer Erfahrungen konzentrieren. Dann erst wird die Realität zu einer >temporalen Realität<. Diese Wiedereinführung wird es uns ermöglichen, das Auto und die Konsequenzen des Fahrens in Bezug zu unseren eigenen Körpern zu setzen.«
Zur Herstellung und Schutz der Eishaut des Autos wird dieses in einem begehbaren Kühlraum ausgestellt. Mehrere Tage lang wird der von Eliasson mit Metallnetzen überzogene Fahrzeugrahmen mit fast 2000 Liter Wasser besprüht, bis Schicht für Schicht die fragile Eishaut gewachsen ist. Diese stets mit ihrer sie umgebenden Raumtemperatur in Wechselwirkung stehende Skulptur ist rund 1,5 m hoch, 5,25 m lang und 2,5 m breit. Das im inneren der Skulptur liegende Monofrequenzlicht lenkt den Blick auf die im Zwischenraum liegende Eislandschaft, die sich fortdauernd im Prozess des Schmelzens und Gefrieren befindet.
Mit Eliassons Skulpturen und atmosphärisch unverwechselbaren Raum-Installationen werden die Entstehungsbedingungen und energetischen Wirkungsmöglichkeiten, aber auch die Schönheit von Naturphänomenen sinnlich erfahrbar, wobei sie sich erst in der Wahrnehmung des Betrachters vervollständigen.