Das lithografische Œuvre von Werner Tübke umfasst 189 Werknummern, von denen das Panorama Museum 183 zu seinem Sammlungsbestand zählen kann. Aus diesem reichen Konvolut präsentiert das Museum etwa 120 signifikante Arbeiten aller Schaffensphasen von 1956 bis 2002.
Werner Tübke, begnadeter Zeichner schon seit frühester Jugend, fand erst relativ spät einen stärkeren Zugang zur Druckgrafik, die Mitte der 1970er Jahre zu einem lustvoll betriebenen Schaffenszweig wurde. So bekannte er 1979: „Jetzt zeichne ich mit großem Vergnügen auf Stein und finde dort fast alles, was ich brauche.“
Entstanden von 1956 bis 1974 gerade einmal 14 Lithografien, so setzte spätestens mit der Auftragsübernahme zur Schaffung des Panoramagemäldes eine sehr produktive lithografische Schaffensphase ein. In einer für ihn nicht abschätzbaren Zeitspanne, welche höchste Konzentration für sein späteres Opus magnum abverlangte, gestattete die Lithografie seine kostbaren und aufwendigen Zeichnungen mit all ihren differenzierten Abstufungen und Schattierungen in einer vervielfältigbaren Technik umzusetzen und somit den eigentliche Originalen fast ebenbürtig zu machen.
Zugleich bot sich ihm in diesem Medium zudem eine ideale Basis zur Findung und Umsetzung vieler Schlüsselszenen des Monumentalbildes. Der über Jahrzehnte im eidetischen Bildgedächtnis abgespeicherte Formenschatz wurde nun mit zeichnerischen Mitteln auf den Stein gebracht und ließ die zeitferne Epoche des Übergangs vom Mittelalter zur Neuzeit sinnlich erlebbar werden.
In den Jahren nach der Fertigstellung des Panoramas finden sich eher persönlich motivierte Themen wie Landschaften, Erinnerungen, Ängste und Hoffnungen, aber auch Rückgriffe und Modifizierungen älterer Lithografien.
Auch wenn die Druckgrafik nur den zahlenmäßig kleinsten Teil seines Gesamtwerkes ausmacht, hatte sie doch einen hohen Stellenwert für Werner Tübke, denn sie entsprach als Feder- oder Kreidelithografie ganz seinem Credo als Künstler, der einst als Zeichner begonnen hatte und als Zeichner auch sein Schaffen beenden sollte. Dabei hatte der Drucker höchsten Anforderungen zu genügen. So lautete seine Forderung: „Ich mache keine dekorative Kunst. Meine Lithografien müssen so silbrig gedruckt werden, wie ich sie mit harter Kreide auf den blaugrauen Stein gezeichnet habe. Genau so!“