04.11.2007 - 24.03.2008
Eröffnung am 03. November, 20 Uhr, im Otto Modersohn Museum
Das Otto Modersohn Museum zeigt jährlich von November bis März Sonderausstellungen zur Werkentwicklung Otto Modersohns. Nach dem westfälischen Frühwerk 1884-1889, den ersten Jahren seiner künstlerischen Entwicklung, abseits akademischer Beeinflussung, in Worpswede von 1890 bis 1895 und den dann folgenden Jahren der künstlerischen Anerkennung von 1896 bis 1900, folgt 2007/2008 eine Ausstellung, die Modersohns Suche nach neuen malerischen Ausdrucksmöglichkeiten zeigt und vom fruchtbaren künstlerischen Austausch mit der Kunst seiner Frau zeugt, der vielleicht bedeutendsten deutschen Malerin des 20. Jahrhunderts, Paula Modersohn-Becker, deren Todestag sich am 20. November 2007 zum einhundertsten Mal jährt.
Zahlreiche Leihgaben aus Museums- und Privatbesitz ergänzen den Bestand des Otto Modersohn Museums.
Zwei Künstler haben das kleine Moordorf Worpswede berühmt gemacht: Paula Becker, die 1897 erstmals nach Worpswede kam und 1901 Otto Modersohn heiratete sowie Rainer Maria Rilke, der um 1900 als Gast auf Heinrich Vogelers „Barkenhoff“ das einschneidende Erlebnis seiner Rußlandreise verarbeitete und 1901 die Bildhauerin Clara Westhoff, die Freundin Paula Beckers ehelichte. Rilkes „Monographie einer Landschaft“ von 1903 ist das literarische Dokument der Künstlerkolonie Worpswede.
1898 sind sich Paula Becker und Otto Modersohn zum ersten Male in Worpswede begegnet. 1900 stirbt in Worpswede Otto Modersohns erste Frau Helene während seiner Reise nach Paris zur Weltausstellung, die er auf Paula Beckers drängendes Bitten zusammen mit Overbecks besucht hatte.
Aus der Begegnung mit Paula Becker entspinnt sich in der folgenden Zeit eine tiefe menschliche Zuneigung, die im intensiven schöpferischen Austausch der beiden Künstler ihren Ausdruck findet. Freilich gab es in der Verbindung zweier so starker und eigenwilliger Künstlernaturen auch Spannungen. Paula Modersohn suchte in Paris künstlerische Anregungen, die ihr Worpswede, das ihr bald zu eng wurde, nicht mehr bieten konnte. Welche Anregungen Paula Modersohn-Becker in den fruchtbaren Jahren ihres kurzen Lebens aufgenommen und in ihrem Schaffen für sich umgeformt hat, wird durch ihre Tagebuchaufzeichnungen und Briefe oder durch die Aussagen ihrer Freunde belegt. Diese Zeugnisse verdeutlichen, dass ihr Otto Modersohn lange, und zuletzt wieder, menschlich weitaus am nächsten stand und über Jahre der einzige war, der ihre Begabung förderte. Ausgehend von dem gemeinsamen Erlebnis der Entdeckung der norddeutschen Landschaft und der in ihr lebenden Menschen, strebten beide - in der Abneigung gegen Konvention, Pathos und Veräußerlichung - Einfachheit an, als malerisches Programm und als menschliche Haltung.
Die zunächst von Otto Modersohn allein, dann gemeinsam mit seiner Frau erarbeitete Maxime „Das Ding an sich in Stimmung“ wurde schließlich zu einem von beiden oft gebrauchten Schlüsselwort für einen neuen Gegenständlichkeitsbegriff. Aber erst die gründliche Kenntnis der tiefen Zusammenhänge und Hintergründe dieser künstlerischen Wechselbeziehung erlaubt eine echte Einschätzung der hieraus später erwachsenen selbständigen Verdienste. Als Paula Modersohn-Becker 1907 im Alter von 31 Jahren starb, war ihre Malerei nur wenigen bekannt, zunächst unverstanden auch von den Freunden und Kollegen in Worpswede. Als erster und lange Zeit als einziger hat Otto Modersohn die Begabung und Kraft seiner Frau gesehen und gefördert und sie auch in (für ihn) schwieriger Zeit finanziell unterstützt. Nur ihrem Mann waren Paula Beckers - der damaligen Zeit vorauseilenden - künstlerische Vorstellungen bekannt. Er empfand den Gegensatz ihrer künstlerischen Anschauungen als dankbare Ergänzung und gegenseitige Anregung. Die Tragik des frühen Todes seiner zweiten Frau veranlasste Otto Modersohn von Worpswede ins benachbarte Fischerhude überzusiedeln. Als er 1908, 43-jährig, nach Fischerhude kam, war er auch durch den anregenden, wechselseitigen künstlerischen Austausch mit einer der wichtigsten europäischen Künstlerinnen für einen Neuanfang in besonderer Weise vorgeprägt.