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Otto Modersohn Museum


In der Bredenau 95
28870 Ottersberg
Tel.: 04293 328
Homepage

Öffnungszeiten:

tägl. 10.00-18.00 Uhr

Otto Modersohn - Fischerhude 1926 - 1932

13.12.2010 - 27.03.2011
Die Jahre 1926 bis 1932 sind für Otto Modersohn und seine Frau mit einschneidenden Veränderungen verbunden. Wie schon 1925, reist das Ehepaar auch 1926 und 1927 nach Würzburg, auf das Hofgut 'Neue Welt' zur Malerfreundin Gertraud Rostosky, und daran anschließend in das Allgäu nach Unterjoch, Oberjoch, Fischen und Tiefenbach. Otto Modersohn, der sich in Franken, namentlich in Wertheim, Iphofen und Sulzfeld so wohl fühlte, dass er sich dort einen zeitweiligen Sommerwohnsitz vorstellen konnte, findet im Allgäu keine Bindung, weder menschlich noch künstlerisch. Die Bergwelt erschließt sich ihm nicht in der Weise, wie zuvor die sanfte fränkische Mainlandschaft. Aber auch menschlich bleibt ihm die etwas derb-rustikale Wesensart der bayerischen Bergbewohner zunächst fremd. Anders geht es seiner Frau Louise Modersohn-Breling, mit der er seit 1909 in dritter Ehe verheiratet ist. Sie fühlt sich dort schnell heimisch, sucht Kontakt zu den Menschen und unternimmt mit ihnen ausgedehnte Bergwanderungen. Louise Modersohn-Breling, 1883 in München als zweite Tochter des Malers am Hofe Ludwigs II., Heinrich Breling (1849-1914) geboren, zieht es zurück nach Bayern. Die wachsende Verehrung für die früh verstorbene zweite Ehefrau Otto Modersohns, Paula Modersohn-Becker, wirft immer größere Schatten auf Louise Modersohns Leben. Ihre Rolle als dritte Ehefrau, als Stiefmutter, zweifache Mutter und Künstlerin, der man öffentlich vorwirft, sie wolle am Ruhm ihrer Vorgängerin partizipieren, ist außer-ordentlich problematisch. Es verwundert nicht, dass sie zunehmend nach Möglichkeiten sucht, dem komplizierten familiären Umfeld zu entfliehen. So dehnt sie ab 1927 die gemeinsame Studienreise ins Allgäu immer mehr aus und lässt ihren Mann allein nach Fischerhude zurückreisen, bevor sie sich, Wochen später, zur Heimkehr entschließt. Das Allgäu wird für sie immer stärker zu einem wichtigen Ort und Bezugspunkt, an dem sie sich frei und eigenständig fühlen und künstlerisch arbeiten kann. Louise Modersohn träumt von einem Haus im Süden Deutschlands. Sie würde gerne an den Bodensee ziehen oder auch ins Allgäu und bedrängt Otto Modersohn inständig, ihr in diesem Wunsch zu folgen Otto Modersohns Malerei zeigt in den Jahren 1926-1928 nuancierte stilistische Wandlungen. Er erprobt verschiedene Malgründe, experimentiert mit saugenden und nichtsaugenden Malträgern, Tempera- und Ölfarbe, mit dünnem und pastosem Farbauftrag. Transparente, licht gehaltene Bildräume wechseln mit gedeckten, ganz verdichteten. Seine bevorzugten Motive in Fischerhude bleiben die überschwemmten Wümmewiesen mit der Spiegelung des hohen Himmels, das Wümmeufer mit seinen urtypischen Entenhäusern, Stegen und Schleusen, die Surheide mit ihrem Gehölz und die Moorlandschaft mit den diagonal gesetzten Gräben, Moorkaten und Birkenstämmen. Hinzu kommen Wiederholungen seiner großen Moorbilder, die er zumeist im Auftrag des Kunsthandels malte. Seiner Frau berichtet Otto Modersohn ins Allgäu - wo sie sich seit 1928 auf die Suche nach einer eigenen Bleibe für ihre Familie gemacht hatte - von seinen Aufträgen, Verkäufen, Ausstellungsbeteiligungen und Besuchen seiner Kunsthändler, die ihn vor einem Wohnortwechsel warnen. Er beschwört seine Frau eindringlich nach Fischerhude zurückzukehren. Er befürchtet, dass ein Umzug in den Süden die finanzielle Existenz der Familie ernstlich gefährden könne. 1929 gibt Otto Modersohn dem Drängen seiner Frau nach und freundet sich zunehmend mit dem Gedanken an einen Zweitwohnsitz an. Ein Jahr später erwirbt er ein altes Bauernhaus auf dem Gailenberg bei Hindelang im Allgäu, wo er bis 1935 die Frühjahrs- und Sommermonate verbringen und malen wird. In diesen glücklichen Monaten ist die Familie wieder vereint. Man malt gemeinsam in den Bergen, die nun auch für Otto Modersohn zu einer neuen Quelle der Inspiration werden. Otto Modersohn schreibt am 29. Oktober 1930 nach seiner Rückkehr in einem Familienrundbrief: "Ich habe einige sehr schöne Monate auf unserem Besitztum im Allgäu verlebt. Nur zu schnell verging die Zeit. Erst hatten wir viel Regen und die Berge erglänzten im Schnee, dann kamen herrliche Wochen, in denen ich viel arbeiten konnte. (...) Die großartige Bergwelt mit ihrem magischen Farbenzauber hat einen großen Eindruck auf mich gemacht. Die neuen Stoffe haben sehr erfrischend und verjüngend auf mich gewirkt." Durch die mehrmonatigen Aufenthalte im Allgäu reduziert sich das in Fischerhude entstandene Werk jahreszeitlich auf die Frühjahrs- und Wintermonate. Sein großer Erfahrungsreichtum eröffnet ihm zunehmend eine malerische Umsetzung seiner Skizzen und Kompositionen aus der Vorstellung. Otto Modersohn nähert sich in dieser Zeit seinem häufig geäußerten Ideal an, seine Bilder wie seine Kompositionen entstehen zu lassen, ganz der Intuition hingegeben, verdichtete Vorstellungsbilder aus dem überreichen Fundus seiner Bilderfindung zu schöpfen. Otto Modersohns Bilder gewinnen mit zunehmendem Alter an Empfindsamkeit. Sie tragen die Stimmung leiser Schwermut in sich, wie sie die Seele dieses späten Romantikers selbst oft bewegt. Die Farbigkeit seiner Bilder wird zarter und gedämpfter, die Konturen verschwimmen. Die Bilder der Dämmerung wirken fast unwirklich; und doch ist es unscheinbare, ländliche, dörfliche Wirklichkeit, gesehen durch die Augen des Malers, eine geahnte Wirklichkeit, die, tief über die Sinneswahrnehmung hinaus geschaut, den meisten Menschen verborgen bleibt und erst durch die Hand des Malers in ihrer Besonderheit erfahrbar wird.

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