Können Fotografien eine zeitlose Ästhetik haben? Die Arbeiten von Thomas Wunsch jedenfalls verleiten dazu, diese Frage spontan zu bejahen. Sicher ist das einer derjenigen Gründe, warum das legendäre Münchener Plattenlabel ECM, aktuell geehrt mit einer Ausstellung im Haus der Kunst, darin ein visuelles Pendant zur musikalischen Avantgarde erkennt und seine Veröffentlichungen mit den von Vorgaben unabhängig entstandenen Fotografien von Thomas Wunsch bebildert. Seit 2001 arbeitet der Wiesbadener Fotograf eng mit ECM zusammen. Die Ausstellung im Kunstverein zeigt einen Querschnitt aus seinem künstlerischen Schaffen der Jahre 2005 bis 2011, wobei alle gezeigten Werke zuvor bereits als Platten- oder CD-Cover veröffentlicht wurden. Seine Werke, die ohne figurativen Bezugspunkt gehalten sind, bezeichnet Thomas Wunsch selbst als Informelle Fotografie. Damit knüpft er an eine künstlerische Strömung – und auch Geisteshaltung – der Nachkriegsmoderne an. Dem Informel geht es nicht um eine formalistische Bildsprache oder geometrische Abstraktion, sondern um den Entstehungsprozess an sich, der intuitiv, spontan und losgelöst von festen Strukturen oder dem strategischen Einsatz bildnerischer Mittel erfolgt. Im Bewusstsein über den Entstehungsprozess und die ihm verbundenen Emotionen tritt der schöpferische Akt selbst in den Vordergrund. Thomas Wunschs eigene Positionierung innerhalb des Informel und damit einer Kunstrichtung, die ursprünglich mit Malerei assoziiert ist, rückt den fotografischen Entstehungsprozess in den Mittelpunkt. Angefangen mit der Motivsuche und -auswahl, lässt er sich auch bei der späteren digitalen Bearbeitung der Fotos intuitiv leiten. Dabei agiert er zeichnerisch, mit einem Computerstift, und verändert das Bild dabei in erheblichem Maße. Sein Medium aber bleibt die Fotografie, woran auch der Titel der Ausstellung im Kunstverein keinen Zweifel lässt. Einen Kontrapunkt zur Spontanität der Bilder setzt das konsequent verwendete, stets quadratische Bildformat. Das Quadrat versinnbildlicht, mit seiner besonderen geometrischen Eigenschaft, ein vom Menschen geschaffenes Ordnungsprinzip. In den Fotografien von Thomas Wunsch treffen also Formlosigkeit und Formgebung, intuitiver Schöpfungsakt und ästhetische Präzision aufeinander und lassen dem Betrachter Raum für eigene Assoziationen. Thomas Wunsch (*1957 in Wiesbaden) kam früh zur Fotografie. Bereits mit 17 Jahren wurde er Mitglied in der Kodak Young Photographer’s League und nahm erfolgreich an Fotowettbewerben teil. Er arbeitete als Mode- und Porträtfotograf und für Filmproduktionen in den USA, bevor er sich im Jahr 2000 ganz der künstlerischen Fotografie verschrieb.