Die international bekannte Architekturfotografin MARGHERITA SPILUTTINI hat insgesamt vier Foto-Serien des oktogonalen Gebäudes Friedrichgasse 41 angefertigt, drei davon vor dem Umbau des Tröpferlbades zum Museum der Wahrnehmung MUWA (1995). Ausgewählte Fotografien der ersten Serien wurden in der Ausstellung AUGENBAD im Rahmen des Festivals steirischer herbst 1994 vor Ort gezeigt. Anlässlich des heurigen Jubiläums "20 Jahre MUWA in der Friedrichgasse 41" hat MARGHERITA SPILUTTINI erneut eine Auswahl von Fotografien in zwei Formaten (50 x 60 cm, 120 x 150 cm) für die Ausstellung "raumräumen" zusammengestellt.
SPILUTTINIS Fotografien entwickeln eine einheitliche, raumgreifende Bildsprache, die weit über den dokumentarischen Charakter der ursprünglichen Funktion des Hauses als Volksbad hinausführt. Menschenleer und verlassen zeigen die Fotografien Raumausschnitte mit Spuren der Nutzung. Der vorgefundene, eingefrorene Zustand evoziert unmittelbar Vorstellungen eines Ortes - entweder eben noch oder im nächsten Moment wieder von Menschen belebt. „Ein Foto ist immer auch ein Bild von Abwesenheit: ... So entsteht in jedem Betrachter ein anderes Bild von demselben Foto“, so SPILUTTINI.
Der wechselnde Blick auf Architektur, Ausstattung sowie Nutzungsspuren innerhalb eines Bildes erzeugt Spannung, kein Objekt bleibt dauerhaft im Fokus: Mauerschäden, unterschiedliche Raumhöhen, Grundriss-Segmente, sich von der Wand lösende Plakate oder auch ein hängengebliebenes Handtuch. Anschließend ermöglicht das Zusammentreffen dieser präzise dokumentierten Raumausschnitte in der vorliegenden Ausstellung eine bruchstückhafte Zusammenführung und damit eine Raum-Vorstellung - weniger als Gesamtraum als ein sich gewissermaßen im Abschreiten, Raum für Raum, erschließendes Gebäude. Schlussendlich steht dem Vergleich dokumentierter Raumausschnitte mit der aktuellen Situation nichts mehr im Weg.
MARGHERITA SPILUTTINI thematisiert in ihren Foto-Arbeiten oftmals im Wandel befindliche Architektur, auf Vergangenes und zugleich auf den Prozess der Veränderung verweisend. Die Abbildung von Architektur ist bei SPILUTTINI keine Inszenierung, keine Dramatisierung, kein Spektakel, vielmehr zeugen ihre Fotografien von einem analytischen, abwägenden und ordnenden Blick, von "intensiver und punktueller Auseinandersetzung mit der Wirklichkeit", wie sie in einem Interview erklärt - im vorliegenden Fall mit einem Ort der Körperreinigung.
Mit ihren Aufnahmen zahlreicher privater und öffentlicher Gebäude unbekannter, wie auch gefeierter ArchitektInnen gilt MARGHERITA SPILUTTINI, deren umfangreiches Bildarchiv sich seit 2015 im Architekturzentrum Wien befindet, als gefragte Chronistin nationaler wie internationaler Architektur und als eine der international bedeutendsten VertreterInnen dieses Genres.
Eva Fürstner