Sie nannten sich „Transitniks“ oder „UDFler“ – Jugendliche aus der DDR, die sich mit der Mauer und den Reisebeschränkungen nicht abfinden wollten, wählten als Ziel für ihr Fernweh trotzig den „Wilden Osten“. Mittels eines bürokratischen Tricks, indem sie mit einem Transitvisum ein-, aber nicht gleich wieder ausreisten, erkundeten sie die damalige Sowjetunion nach eigenem Gusto. Das Risiko einer Verhaftung, einer Ausweisung oder Reisesperre nahmen sie in Kauf, ging es doch vor allem darum, sich aus dem grauen Planquadrat DDR zu befreien, mal „richtige“ Berge zu erklimmen und hinter dem Ural den mittelasiatischen Raum oder gar Sibirien für sich zu entdecken. Diese Reisen waren Abenteuer pur, Exkursionen in Regionen, wohin sonst kein Ausländer kam, aber auch Begegnungen mit den real existierenden sozialistischen Widrigkeiten jenseits der großen Propagandainszenierung vom „Mutterland des Kommunismus“.
Nachdem die Ausstellung seit 2010 erfolgreich durch Deutschland wandert, wird sie nun, um ein neues Kapitel erweitert und im Museum Pankow zu sehen sein.
UDF - РИЛОДЕД – Reloaded
Nach 1990 ändert sich alles. Gegen Devisen war der Erhalt eines Visums kein Problem mehr. Bislang aus militärischen Geheimhaltungsgründen für Ausländer gesperrte Regionen wie Kaliningrad oder Kamtschatka wurden zugänglich.
Einige der „Transitniks“ reisten weiterhin nach Russland und in die nunmehr neu entstandenen Staaten. In ihren Fotos dokumentieren sie den Umbruch, und wie ein zerfallendes Riesenreich zwischen Aufbruch und Anarchie, Armut und Chaos versucht, sich neu zu erfinden. Die zum Teil erstmalig präsentierten Fotoserien von Steffen Bohl, Robert Conrad, Steffen Graupner Christian Hufen, Jan Oelker und Ulli Wannhoff zeigen das Spannungsfeld zwischen sozialistischen Restbeständen und Privatisierung, Verwahrlosung und neuem Konsum, aber auch den Alltag in entlegenen, „abgehängten“ Regionen wie die Beringinsel oder Tschukotka.