Als "Blauköpp" geschmäht und auf dem Schulhof gehänselt - dies war zuweilen bis in die 1960er Jahre Alltag für evangelische Schülerinnen und Schüler am Niederrhein. Manchmal trennte gar eine Linie den "katholischen" vom "evangelischen" Teil des Schulhofs und separierte so die Konfessionen. "Niederrheinische Glaubens-Fragen" stehen in der Grevenbroicher Ausstellung im Mittelpunkt und greifen damit auch die Frage nach religiöser Toleranz zwischen Konfessionen und Religionen von katholisch, evangelisch bis hin zu jüdisch und muslimisch auf.
Bis an die Wende zum 20. Jahrhundert bildeten evangelische Christen eine Minderheit im Grevenbroicher Raum. Unterdrückt durch die Rekatholisierungspolitik der Jülicher Herzöge des 17. Jahrhunderts und nur im kurkölnischen Wevelinghoven durch die Bestimmungen des Westfälischen Friedens als Gemeinde geschützt, lebten evangelische Christen bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs im heutigen Stadtgebiet in der Diaspora. Erst die Flüchtlingswellen aus den ehemaligen Ostgebieten veränderten das konfessionelle Gefüge nachhaltig.
Muslime aus der Türkei hingegen fanden seit den 1960er Jahren im Zuge der Arbeitskräftepolitik der Bundesregierung eine neue Heimat am Niederrhein. Die Benennung der Straße "An der Moschee" im Jahr 2013 ist knapp dreißig Jahre nach Bau der religiösen Versammlungsstätte ein bedeutender Schritt.
Der "Rassenwahn" der Nationalsozialisten vernichtete jüdisches Leben, das über Jahrhunderte gewachsen war. Nur Wenige überlebten die Vernichtungslager und kehrten in ihre alte Heimat zurück. Lediglich zwei ehemalige Synagogen sind erhalten geblieben; viele wurden während des Pogroms der so genannten "Kristallnacht" im November 1938 zerstört.
Über religiöse Traditionen und Wallfahrten, Volksfrömmigkeit, Glauben und Aberglauben, Vorurteile und Ressentiments, über christlich, jüdisch und muslimisch geht es in der Ausstellung des Museums der Niederrheinischen Seele in der Villa Erckens. Hierbei versteht sich die Schau in Ergänzung des Themenraumes „Glaubens-Fragen“ der Dauerausstellung im „Museum der Niederrheinischen Seele“.