Es ist schon ein Glücksfall für das Museum Junge Kunst, dass die Ostdeutsche Sparkassenstiftung meinem Vorschlag zustimmte, alle zwei Jahre 5 Künstlern, die das 40. Jahr nicht überschritten haben und deren Lebens- und Schaffensmittelpunkt sich in Mecklenburg- Vorpommern, Sachsen- Anhalt, Sachsen und Brandenburg befindet, nicht allein eine Ausstellungsmöglichkeit in unserer Rathaushalle und dem sich daran anschließenden Festsaal zu bieten, sondern auch zusätzlich noch eines ihrer Werke als Dauerleihgabe für unser Museum zu erwerben.
Der Titel der Präsentation „Eigenwilligkeit“ sorgt dabei neben der genannten Alters- und Ortbegren-zung bei der Auswahl von Künstlern und Werk für die einende Klammer, die es dem Kurator Armin Hauer nicht leicht macht, die entsprechende Auswahl zu treffen. Doch sein Gespür gerade für junge hochbegabte Künstler hat er als Kurator nicht allein bei zahlreichen Einzelausstellungen bewiesen, sondern auch in den Präsentationen von jungen Künstlern, die er 1993 aus Brandenburg, 1994 aus Thüringen, 1995 aus Sachsen und 1996 aus Mecklenburg- Vorpommern vorstellte. Dass darunter in den Nachfolgejahren Documenta Teilnehmer wie u.a. Jörg Herold (Mecklenburg- Vorpommern) und Carsten Nicolai (Sachsen) oder der damals noch unbekannte Neo Rauch (Sachsen) hervorgingen, bezeugt einmal mehr seine Affinität für das eigenwillig qualitativ Hochwertige. Aber dennoch sei darauf hingewiesen, dass der Begriff von Eigenwilligkeit in unserer Zeit der Postmoderne an sich schon einen Anachronismus darstellt. Denn wo einerseits alles möglich ist, scheint andererseits die überbordende Flut von Stilformen und sogar auch von deren zahlreichen Verästelungen bereits seit den 70er Jahren ausgeschöpft zu sein.
Dieser Tatsache Rechnung tragend gehören schon Eigenwilligkeit wie Selbstvertrauen gleichermaßen dazu, aus einer erspürten Berufung einen Beruf zu machen, der wiederum letztlich auch dazu dienen soll, den Lebensunterhalt zu bestreiten. So schwer dieses Ansinnen für den Einzelnen auch sein mag, so bietet die Arbeit des bildenden Künstlers neben der Qual der ständigen Selbstbehauptung auf der einen Seite auch das Glück auf der anderen, eine eigene Welt zu formen und sich dabei immer wieder aufs Neue zu befragen und mit dem jeweiligen Werk eine für die Zeit des Schaffensprozesses adäquate gestalterische Antwort zu finden. Das wiederum bedeutet für die jeweilige Sicht auf das eigene Ich und die Welt je nach Temperament und Anspruch ein Gestaltungsvokabular zu entwickeln, Formen, Farben und eine Komposition zu wählen, die dieses auszudrücken vermag. Prägende Eindrücke und Erlebnisse, seien sie aus der Kunst selbst oder aus anderen Lebensbereichen, dem Alltag oder der Musik und Literatur, mögen so neben dem rein spielerischen Gestaltungsdrang an sich, Auslöser für das jeweilige Schaffen sein. Doch alle oder nur einzelne Anregungsfaktoren auf sich wirken zu lassen und daraus das jeweils Eigene zu entdecken und vor allem dafür die adäquate Form des Ausdrucks zu finden, dazu gehört nicht allein Eigenwilligkeit, sondern auch die Bereitschaft, sich und das Geschaffene immer wieder von neuem in Frage zu stellen, vor allem aber auch Durchhaltevermögen und nicht zuletzt ein Quäntchen Glück. Das alles ist schon erforderlich, um die entsprechenden Konstellationen entwickeln zu können, die für das jeweilige Schaffen Erfolg versprechend sind.
Dass zehn meiner Studenten, die an der Europa- Universität Viadrina Kulturwissenschaften studieren durch diese Ausstellung ebenfalls die Möglichkeit erhalten in direkten Kontakt zu den hier vorgestellten Künstlern zu treten und Interviews mit ihnen über das zu führen, was sie als 20jährige am Leben wie am Werk des Einzelnen interessiert, tritt als Chance sowohl für uns und die Besucher unserer Ausstellung, wie für die Künstler, vor allem aber für die Studierenden selbst hinzu. Denn, wo kann man sonst so direkt Einblick in den Schaffensprozess von Malern, Objektkünstlern, Bildhauern und Grafikern nehmen und mit ihnen hierüber in den Dialog treten? Aber nicht nur dass, sondern vor allem die Veröffentlichung von Fragen und Antworten, sowie letztlich die zahlreichen Abbildungen und Texte, die in diesem Katalog zu finden sind, sind für alle an ihm Beteiligten, wie für die Leser, wie wir hoffen, eine lustvolle wie spannende Herausforderung, ebenso wie die Ausstellung, der wir zahlreiche Besucher, vor allem aber streitbare Dialogpartner wünschen.