26.09.2010 - 20.02.2011
Die Ausstellung bietet zwei Themen in Verknüpfung. Zunächst ehrt sie den Künstler Otl Aicher (1922-1991). Als Graphikgestalter von internationalem Renommee prägte er die Zeit nach 1945 ganz entscheidend. Gleichzeitig beinhaltet die Ausstellung eine Hommage an Wilhelm von Ockham (um 1285-1347), einen der bedeutendsten Philosophen und Theologen des europäischen Mittelalters.
In Gestalt eines monumentalen Bilderzyklus schildert Otl Aicher das Leben und Wirken des englischen Franziskanermönchs Wilhelm von Ockham. Dieser hatte in London und Oxford studiert, um anschließend ebendort an der Universität zu lehren. Dabei geriet Ockham in Konflikt mit der theologischen Fakultät. Seine noch heute modern anmutenden Ideen provozierten nicht zuletzt die Autorität der gesamten Kirche. Der Häresie angeklagt und von der päpstlichen Inquisition verfolgt, fand Ockham Zuflucht bei Kaiser Ludwig dem Bayern. Von 1330 bis zu seinem Tod 1347 lebte er in München. Sein Einfluss auf den Reformator Martin Luther und selbst auf namhafte Philosophen des 19. und 20. Jahrhunderts (u.a. Charles S. Peirce, Bertrand Russell) ist unbestritten. Mit Umberto Ecos Roman "Der Name der Rose" (1980) rückten Ockhams philosophische Thesen wieder verstärkt auch ins öffentliche Bewusstsein.
Otl Aicher gilt als ein Wegbereiter des Corporate Designs. So formte er das grafische Erscheinungsbild bedeutender Firmen und Institutionen (u.a. Deutsche Lufthansa). Für die Olympischen Spiele 1972 in München schuf er ein Piktogrammsystem, das im Bereich der visuellen Kommunikation Maßstäbe setzen sollte. Nicht nur Aichers Piktogramme wurden so zu Designklassikern und Ikonen unserer Alltagskultur.
Die in der Ausstellung gezeigten Originale entstanden 1985/86 als Auftragsarbeit. Heute werden sie als Teil des Werknachlasses von Otl Aicher im Archiv der ehemaligen Ulmer Hochschule für Gestaltung aufbewahrt. Alle Tafeln sind horizontal in vier Zonen aufgeteilt, was eine gestaffelte und simultane Erzählweise ermöglicht. Bestechend ist die Brillanz der "Farblandschaften". Die Bilder Otl Aichers kommentieren nicht nur die revolutionären Gedanken des Wilhelm von Ockham, sondern lassen mit ihrer großen Erzählkraft gleichzeitig die Welt des späten Mittelalters lebendig werden. Historische Stätten und Figuren fügen sich zu einem mitreißenden Zeitgemälde.