In diesem Jahr, am 12. Juli, wäre Otto Steinert 100 Jahre alt geworden. Aus diesem Anlass präsentiert das Museum Folkwang eine Ausstellung aus dem umfangreichen Steinert-Nachlass, der nach dem Tod des großen Fotografen und Fotolehrers für die Fotografische Sammlung erworben werden konnte. Wie kaum ein anderer prägte Otto Steinert, der 1915 in Saarbrücken zur Welt kam und 1978 nach 18jähriger Lehrtätigkeit in Essen verstarb, die deutsche Fotografie der 1950er und 1960er Jahre.
Mittelpunkt dieser Ausstellung ist Steinerts eigenes fotografisches Schaffen, beleuchtet aus der Perspektive seiner einflussreichen Schrift „Über die Gestaltungsmöglichkeiten der Fotografie“, die er im Katalog zur 2. Ausstellung der Subjektiven Fotografie 1955 veröffentlichte. Darin formuliert er vier Vollendungsstufen des fotografischen Schaffens, die in einer darstellenden fotografischen Gestaltung und einer absoluten fotografischen Gestaltung ihren künstlerischen Höhepunkt finden.
Die Ausstellung macht anhand von Steinerts Meisterwerken aber auch unbekannteren Bildern anschaulich, wie sehr der Wortführer der westdeutschen Nachkriegsfotografie das große unvollendete Kapitel der fotografischen Abstraktion zum Fluchtpunkt seines Schaffens machte: An die Stelle der Abbildung von Wirklichkeit setzte Steinert die Autonomie einer eigenen Bildwirklichkeit.
In Fortführung der formalen Experimente des Neuen Sehens der 1920er und 30er Jahre werden nun die kameralose Fotografie, die Reduktion auf strenges Schwarz-Weiß, enge Ausschnitte, Langzeitbelichtungen, die Umkehrung von Tonwerten sowie Mehrfachbelichtungen in der Dunkelkammer zu den bevorzugten fotografischen Gestaltungsmitteln. Aufnahmen des jungen Otto Steinert zeichnen zudem den praktischen und theoretischen Weg seines Schaffens nach.