Museum Charlottenburg-Wilmersdorf in der Villa Oppenheim (Foto: KULTURpur)
KULTURpur - Wissen, wo was läuft!

Museum Charlottenburg-Wilmersdorf in der Villa Oppenheim

Museum Charlottenburg-Wilmersdorf in der Villa Oppenheim (Foto: KULTURpur)
Museum Charlottenburg-Wilmersdorf in der Villa Oppenheim (Foto: KULTURpur)

Schloßstr. 55
14059 Berlin
Tel.: 030 9029 24108
Homepage

Öffnungszeiten:

Di-Fr 10.00-17.00 Uhr
So 11.00-17.00 Uhr

Maschen, Mode und Magie. Folklore und Weihnachtsbräuche in Estland

24.11.2010 - 30.01.2011
Estland hält sich durch Folklore jung. Elemente der traditionellen Volkskunst prägen selbst das Design junger Modemacher. In der Ausstellung sind es ein paar Dutzend Fäustlinge, teilweise rund 100 Jahre alte Sammlerstücke, die von der seit dem 18. Jahrhundert in Estland verbreiteten hohen Kunst des Strickens zeugen. Die komplizierten zweifarbigen Muster setzen sich aus einfachen Grundformen, Würfel, Sieb, Fliege, Quirl, Rad, Kreuz oder Star zusammen. Muster wie der achtzackige Stern gehen letztlich auf eine archaische Symbolik zurück, sollen Leben, Kraft und Glück verheißen. Vogelspuren, Fliegen und Spinnen symbolisieren Natur und Tierwelt. Windmühlen stehen nicht nur für einen Ort, sondern auch für gute Wirtschaftsführung und verheißen den Wunsch nach Wohlstand. In den Kollektionen der jungen estnischen Modedesignerin Liina Viira (Tallinn) werden die traditionellen Strickmuster kreativ und farbenfroh adaptiert. Aber nicht nur dort, sondern auch auf Gummistiefeln, Turnschuhen und Regenschirmen renommierter estnischer Hersteller, ja selbst auf Laptops tauchen sie auf und bezeugen so den Stellenwert, den die junge Republik diesem Rückgriff auf die Tradition beimisst. Nicht nur in Sachen Ethno-Strick geht es in Estland ein wenig anders zu als hierzulande. Auch Weihnachten ist alles ein bisschen anders. Zwar bringt auch in Estland der Weihnachtsmann, JOULUVANA, die Geschenke, selbst wenn er sich dafür eigens aus Lappland herbeibemühen muss. Aber wenn er einmal verhindert ist, springen die PÄKAPIKUD, kleine Wichtel, ein. Übrigens können sich manche Esten noch daran erinnern, dass ihren Eltern oder Großeltern JOULUVANA gar nicht bekannt war. Dies gilt jedenfalls für die Zeit um 1900. Damals war auch der Weihnachtsbaum nicht überall selbstverständlich. Stattdessen gab es zahlreiche Feiertagsspiele, wozu man Stroh in die Stube schaffte und sich darauf balgte. Es wurden Späße getrieben, Rätsel gelöst, man schwatzte, trank Bier und tobte herum. Besonders im westlichen Estland gehörte auch der Brauch, mit Tiermasken ausgestattet von Hof zu Hof zu ziehen, dazu. Wenn die Gans auftauchte, die einen weißen Pelz trug und mit einem krummen Stab ausgestattet war, der als Schnabel diente, mussten ihr die Kinder vorlesen. Gerieten sie ins Stocken, wurden sie mit Schnabelhieben aufgemuntert. Zum Schluss verlangte die Gans einen Krug vom guten Weihnachtsbier. Zur Zeit der Estnischen Sozialistischen Sowjetrepublik (bis 1991) war Weihnachten verboten. Das hat die Esten meist nicht daran gehindert, Weihnachten im Kreise der Familie zu feiern. Deutsche müssen in Estland heute auf wenig verzichten, was ihnen an der gewohnten Weihnacht lieb ist: Es gibt geschmückte Weihnachtsbäume, Schokoladenweihnachtsmänner, Pfefferkuchen (PIPARKOOGID), und auch "Oh Tannenbaum" - "OH KUUSEPUU" ist zu hören. Nur der Weihnachtsschmaus fällt traditionell ein wenig anders aus: Da gibt es VERIVORST (Blutwurst), SÜLT (Sülze), Sauerkraut und Kartoffeln. Bevor er genossen wird, geht es auf den Friedhof, damit auch der verstorbenen Familienmitglieder am Festtag gedacht wird, dann in die Kirche oder zur Entspannung in die Sauna. Und wenn bei uns die Bundeskanzlerin in Fernsehen ihre Weihnachtsansprache hält, erklärt der Präsident von Estland offiziell den Weihnachtsfrieden. - Königin Kristina von Schweden hat vor 350 Jahren für diesen Brauch gesorgt. - Danach nimmt er an einem Weihnachtsgottesdienst in Tallinn teil. Mit der Mischung aus Ethno-Kunst, Ethno-Mode und Darstellungen über die estnische Weihnacht lädt die Ausstellung des Museums Charlottenburg-Wilmersdorf ein paar Wochen, bevor Estlands Hauptstadt Tallinn im nächsten Jahr zur 43. Kulturhauptstadt Europas ernannt wird, schon einmal zu einer kleinen Erkundungstour durch den Ostseestaat und seine Bräuche ein.

KULTURpur empfehlen