Engelberg gehört seit zweihundert Jahren zum Kanton Obwalden. Es teilt mit dem alten Kantonsteil keine Grenzen, sondern stösst an Nidwalden, Uri und Bern. Engelberg bildet also einen echten Grenzfall und stellt mit seiner Aussenseiterrolle Grenzen überhaupt in Frage. Grenzen und Grenzstreitigkeiten sind in der Geschichte Engelbergs immer wieder ein Thema. Historische Karten zeigen deshalb Abweichungen im Grenzverlauf. Dieser Spielraum wird einerseits geschichtlich dokumentiert, anderseits bietet er den Anlass für künstlerische Auseinandersetzungen mit Grenzen.
Künstlerinnen und Künstler versichern sich der Grenzen, loten sie aus und sprengen sie. Sie sind Wetter-götter, schicken Nebel, der die Landschaft verändert, der Grenzen auflöst und vorschnellen Halt in Frage stellt. Sie geben Lesehilfen für neue Erfahrungen, für das Überwinden oder gar das Negieren von Grenzen. Sie schaffen Orte, wie sie in keinem Atlas und auf keiner Landkarte zu finden sind. Sie leben mit Grenzen, indem sie Grenzen überwinden. Sie gehen von Engelberg aus, überschreiten die Schweizer Grenze, verlas-sen Europa und landen in Mali oder im Nirgendwo und Überall.
Wie lebt es sich als Engelberger, als Obwaldner, als Nachbar mit den seit zweihundert Jahren gültigen Grenzen? Sind Grenzen im Zeitalter von Maps und Search und GPS überhaupt noch ein Thema? Sind auch bei uns noch Gräben zuzuschütten und Mauern niederzureissen? Stolpern wir über Grenzen im Kopf? Stossen wir uns heute noch die Köpfe an imaginären Schranken? In diesem Zusammenhang lässt sich auch trefflich streiten über den Satz, der Bruder Klaus in den Mund gelegt wird: Macht den Zaun nicht zu weit. Die Werke der Künstlerinnen und Künstler von dies- und jenseits des Zauns lockern auf für einen offenen Umgang mit geografischen und politischen Grenzen.