Picasso, Klee und Matisse sind die Stars im Museum Berggruen. Die Ausstellungsreihe SIDEWAYS richtet den Blick auf die Seitenbereiche der Sammlung und nimmt Künstler zum Ausgangspunkt, die hier mit nur einem einzigen Werk vertreten sind: Raoul Dufy (mit einer bepflanzbaren Miniatur-Architektur aus Keramik), Alexander Calder (mit einem feingliedrigen Mobile) und Henri Laurens (mit einer Bronzefigur einer Schwangeren).
Alle Künstler der Sammlung standen zu Beginn des 20. Jahrhunderts in engem Austausch über wesentliche künstlerische Fragen: Was ist die Aufgabe der bildenden Kunst, wenn es nicht länger erklärtes Ziel ist, die Natur nachzuahmen? Kann ein Kunstwerk stattdessen seine eigene Realität entstehen lassen? Mit welchen Mitteln sollte dies geschehen?
In der Sammlung des Museum Berggruen wird durch die einzigartige Dichte herausragender Werke anschaulich, wie die Künstler der Klassischen Moderne mit diesen Fragen experimentierten. SIDEWAYS erkundet die Kunst dieser Zeit aus dem Blickwinkel einzelner Objekte: In der dreiteiligen Ausstellungsreihe steht jeweils ein außergewöhnliches Kunstwerk von Dufy, Calder oder Laurens im Mittelpunkt. Sie sind Anlass zum Dialog mit anderen Künstlern der Sammlung: zwischen Raoul Dufy und Henri Matisse (24. Oktober 2014 bis 22. Februar 2015), Alexander Calder und Paul Klee (Frühjahr 2015) sowie Henri Laurens und Pablo Picasso (Sommer 2015).
Im Museum Berggruen liegt der Schwerpunkt auf Malerei und Grafik. SIDEWAYS hingegen rückt andere Gattungen ins Zentrum: Keramik, kinetische Skulptur und Kleinplastik. Ein begleitendes Veranstaltungsprogramm erforscht die Eigenarten dieser künstlerischen Medien anhand der einprägsamen Exponate von Dufy, Calder und Laurens.
Der erste Teil der Ausstellungsreihe SIDEWAYS widmet sich einem Objekt des französischen Künstlers Raoul Dufy (1877-1953): einer bemalten Keramik aus den 1920er Jahren. Entlang ihrer Ränder mit echten kleinen Palmen bepflanzt, lässt sie sich in einen Brunnenplatz mit mediterranem Ambiente verwandeln, der von Schatten spendender Vegetation umgeben ist. Dieses Unikat balanciert auf einem grazil hochbeinigen Bronze-Tisch, den Diego Giacometti (1902-1986) im Jahr 1957 eigens dafür entwarf.
Umgeben wird die Keramik Raoul Dufys von Ölgemälden, Scherenschnitten und Zeichnungen von Henri Matisse (1869-1954). Dieser hatte 1905 mit der als "Fauves" bezeichneten Gruppe junger Künstler in Paris ausgestellt. Dufy war fasziniert von der leuchtenden Farbigkeit der Gemälde seines Künstlerkollegen, von den durch orientalische Ornamentik inspirierten Flächen. Dufys "orientalischer Patio" - angeregt durch eine Reise nach Marokko - ruft ein zentrales Thema der Klassischen Moderne ins Bewusstsein: die Sehnsucht nach der Ferne, nach der Erneuerung der Kunst durch fremde Formensprachen.
Dufy war neben der Malerei und der Keramik auch auf den Gebieten der Wanddekoration, Textilgestaltung und Buchillustration aktiv. Die Ausstellung stellt Dufys unverkennbare künstlerische Sprache anhand von zusätzlichen Exponaten vor, darunter seine vor Charme sprühenden Lithographien für Guillaume Apollinaires Erzählung "Der gemordete Dichter" (1916), die Dufy im Jahr 1926 schuf.