17.10.2010 - 30.01.2011
Franz Kafka betrachtete sein Schreiben in einer Notiz von 1920 "als eine Form des Gebets". Er hat viel geschrieben und mithin viel gebetet. Im Mittelpunkt der neuen Ausstellung, mit der die MEWO Kunsthalle ins sechste Jahr startet, stehen Künstler, für die die Variation des Kafka-Wortes gelten mag: Ihr Zeichnen oder Malen sehen sie nicht minder als eine Form des Gebets, ja sogar als eine mediale, aus dem Unbewussten gelenkte künstlerische Tätigkeit (es betet, wenn sie sprechen / zeichnen / malen). Diese Vorstellung ist uralt, und wenn in solch mystischem Vorgang geheimnisvolle Inhalte entstehen, so scheint das nur recht und billig. Spirituelles Geschehen in einem aus den Traditionen der Astrologie, der Alchemie, der Kabbala oder der Theosophie gespeisten Akt in ein mediales Ergebnis zu konzentrieren, ist eine Seite des Vorgangs und fordert unser philosophisches, symbolisches und kunsttheoretisches Vermögen heraus. Es ist ästhetisches Werk, Artefakt, es ist Kunstwerk geworden. Dass das Rad des Tarot zu wie auch immer gearteten Aussagen über die Zukunft, über unsere Stern- und Schicksalskonstellationen oder als Initiationsweg etc. benutzt wird, ist die andere, aber für die künstlerisch-kritische Betrachtung eher nebensächliche Seite der Angelegenheit. Die Ausstellung wird auch – wie es beliebt! – diesen Interessen reiches Anschauungsmaterial bieten, aber in ihrem Zentrum stehen vorrangig die ästhetisch überzeugenden Ergebnisse spielerisch-künstlerischen Umgangs mit den Möglichkeiten, die der Zufall aus den Tiefen des Unbewussten ans helle Licht des Bewusstseins hebt. Und wie immer bei den Ausstellungen der MEWO Kunsthalle wird der Lichthof als ein spannendes Entree in die einzelnen Gebetsabteilungen der ästhetischen Kirche gestaltet sein, für die Schillers berühmter Satz gilt: "Ernst ist das Leben, heiter ist die Kunst."