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me Collectors Room Berlin - Stiftung Olbricht


Auguststraße 68
10117 Berlin
Tel.: 030 86 00 85 10
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Öffnungszeiten:

Di-So 12.00-18.00 Uhr

Alles Kannibalen?

29.05.2011 - 21.08.2011
Die Ausstellung Alles Kannibalen? im me Collectors Room hinterfragt das Thema Kannibalismus (Anthropophagie) in der Kunst. Die Kuratorin Jeanette Zwingenberger lässt historische Werke - Radierungen, Gemälde, ethnographische Fotografien und Kultobjekte - in Dialog mit zeitgenössischen Werken treten. Es werden aktuelle Arbeiten der Medien Video, Installation, Fotografie, Skulptur, Zeichnung und Malerei gezeigt, die sich mit der Frage der Anthropophagie in einer oft zugleich unheimlichen und spielerischen Vorstellungswelt auseinandersetzen. Die Gegenüberstellung von Vergangenheit und Gegenwart offenbart die Schnittpunkte zwischen metaphorischer und wortwörtlich konkreter Ebene. Verschiedene motivische Aspekte - wie Opferhandlungen, Urängste und lustvoll-erzählerische Gruselelemente - werden aus kulturhistorischer Perspektive präsentiert und vielschichtig durchleuchtet. Insgesamt 100 Werke von rund 40 internationalen Künstlern, die hauptsächlich aus Privatsammlungen stammen, werden in der Ausstellung teils chronologisch, teils thematisch präsentiert. Die Gliederung folgt Überschriften wie Geschichte, Mythen & Märchen, Solidarität des Fleisches, Goya und seine Nachfolger und Heiliger und weltlicher Kult. Anthropophagie findet sich in den Mythen aller Kulturen und Zeiten - Beispiele reichen von der Antike, der Bibel oder Volksmärchen über die Autoren der Klassik bis hin zu modernen Horrorfilmen. Die wiederkehrenden Motive der Begierde und Brutalität finden sich auch in der modernen und zeitgenössischen Kunst wieder. Die Idee zur Ausstellung entstand aus der Feststellung, dass in vielen aktuellen Arbeiten die konsumierbare Fleischlichkeit zu einem wichtigen Thema geworden ist. Die heutige klinische Distanz zum eigenen Körper lässt das Bedürfnis entstehen das in uns Versteckte zu hinterfragen. Die Tendenz dieser zeitgenössischen Werke stellt die Einverleibung radikaler und direkter - auch gewalttätiger - dar, als dies in den oft spielerisch oder ironisch geprägten Werken der klassischen Moderne der Fall ist. So waren beispielsweise die Surrealisten von kannibalistischen Leckerbissen sehr fasziniert, blieben jedoch an die Schönheit des Eros gebunden. Die Ausstellung wirft die Frage auf, ob wir als Menschen im Grunde nicht alle potentielle Kannibalen sind. Die Auseinandersetzung mit Kannibalismus sollte in diesem Sinne immer bei uns selbst anfangen. Die Fragen, die in der künstlerischen Darstellung von Kannibalismus aufkommen, weisen auf grundsätzliche Problemstellungen sowohl des Selbstbildes, des Bezugs zur eigenen Fleischlichkeit, als auch des Umgangs zwischen Menschen hin. So kann die metaphorische Einverleibung sowohl auf eine Solidarisierung mit dem Anderen hindeuten als auch Opfer-Täter-Verhältnisse aufdecken. In der Kunst zeigt sich diese Bipolarität im Oszillieren zwischen Lust und Gewalt, Erotik und Macht.

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