Angebot und Nachfrage bestimmen seit langer Zeit, wo die Menschen Arbeit finden. Angehörige ganz verschiedener Berufsgruppen ziehen für ihre Arbeit von einem Ort oder sogar einem Land zum anderen. Diesem aktuellen Thema widmet sich die Ausstellung „Wanderarbeit. Mensch – Mobilität - Migration. Historische und moderne Arbeitswelten“.
Die Ausstellung beleuchtet die verschiedenen Formen der Wanderarbeit und ihre vielfältigen Ursachen. Außerdem beschreibt sie die sozialen und ökonomischen Auswirkungen, die mit dem Verlust von Heimat einhergehen.
Für die historische Wanderarbeit stehen in der Ausstellung beispielsweise die Schäfer, Ziegler und Heringsfänger.
Ebenso werden die modernen Ausprägungen von Wanderarbeit gezeigt, wie etwa das Leben von Bauarbeitern und Pflegekräften aus Osteuropa, von Berufspendlern sowie von afrikanischen Flüchtlingen auf Lampedusa. Durch die gezielte Beleuchtung individueller Schicksale werden die Lebensumstände vieler Menschen greifbar.
Das Spektrum der Exponate reicht von historischen Schleiferkarren aus dem 19. Jahrhundert über das funktionsfähige Spielkarussell eines Schaustellers bis zu den angeschwemmten Habseligkeiten der Lampedusa-Flüchtlinge. Zu sehen ist auch der silberne Löffel des Zieglers Christoph Friedrich Karl Schweppe, den ihm der Ziegeleibesitzer für 25-jährige treue Arbeit schenkte.
Für die Glashütte Gernheim ist das Thema Wanderarbeit besonders relevant. „Die Glasmacher, die dort im 19. Jahrhundert mit der Produktion begannen, waren Zugezogene“, erläutert LWL-Museumsleiterin Dr. Katrin Holthaus. Die Ausstellung geht aber noch weiter zurück: Die sogenannten Waldglashütten der Frühen Neuzeit wählten ihren Standort danach aus, wo es Holz zum Feuern der Öfen gab. Nach 15 bis 20 Jahren zogen diese Hütten weiter.
Auch nach dem Zweiten Weltkrieg spielte Arbeitsmigration in der Glasproduktion eine wichtige Rolle. So befanden sich unter den sudetendeutschen und schlesischen Flüchtlingen viele Fabrikanten und Beschäftigte aus der Glasbranche. „Am Beispiel des Glasgestalters und Fabrikanten Richard Süßmuth zeigen wir in unserer Ausstellung ein Schicksal dieser Zeit“, so die LWL-Museumsleiterin.
Das „Wirtschaftswunder“ der 1950er Jahre mit seinem ständig steigenden Bedarf an Arbeitskräften war Anlass dafür Arbeiter aus Italien, Griechenland, der Türkei und anderen Ländern anzuwerben. Die Firma Heye-Glas in Obernkirchen beschäftigte seit 1960 italienische Arbeiter, um 1971 war der Höchststand von 370 Arbeitern erreicht.
Die Ausstellung "Wanderarbeit" setzt acht historische Wanderberufe in Szene und stellt ihnen sieben aktuelle Berufsfelder entgegen: Schäfer, Schausteller, lippische Ziegler, Scherenschleifer, ostwestfälische Heringsfänger, Amerikaauswanderer, italienische Eismacher, spanische Gastarbeiter - dies sind die klassischen Wanderarbeitsberufe in der Geschichte. Als Arbeitsmigranten heutiger Tagen werden Bauarbeiter, polnische Spargelstecher, rumänische Pflegekräfte, Pendler, Beschäftigte in Callcentern, Auswanderer und Flüchtlinge auf Lampedusa vorgestellt.