Martin Dislers Werke waren in den vergangenen Jahren in Deutschland eher selten zu sehen. Insbesondere die Radierungen sind hierzulande weitgehend unbekannt geblieben. In Kooperation mit dem Cabinet d’arts graphiques du Musée d’art et d’histoire in Genf sowie mit weiteren Leihgaben aus den Kunstmuseen in Olten und Basel, aus der Herzog August Bibliothek in Wolfenbüttel und von einem privaten Leihgeber zeigt die Ausstellung nun eine Auswahl aus Dislers druckgraphischem Schaffen. Zugleich bildet sie den Auftakt zu der neuen Ausstellungsreihe "Altenbourg im Dialog".
Kontrastierend zu Dislers "Grande Suite", 16 Radierungen aus den Jahren 1985/1986, wird eine Auswahl aus der 100 Kaltnadelradierungen umfassenden "Schnepfenthaler Suite" von Gerhard Altenbourg gezeigt, die in den späten 1980er Jahren entstand. Tragen die Blätter bei Martin Disler oft keinen Titel, so sind diejenigen von Altenbourg in poetischer, manchmal auch ironischer oder rätselhafter Weise fast barock betitelt. Sind Dislers Werke expressiv, oft farbig und dicht, so beschränkt sich Altenbourg in der "Schnepfenthaler Suite" auf Umrisslinien. Während seine Radierungen erzählerischen Charakter haben, ist dies bei Disler meist nicht der Fall.
Der Schweizer Disler und der in der DDR lebende Altenbourg kannten sich nicht, doch gibt es zwischen beiden Künstlern bei aller Unterschiedlichkeit überraschende Gemeinsamkeiten. Beide hatten eine große Liebe zur Literatur, schufen Künstlerbücher mit zum Teil eigenen Texten. Beide interessierten sich für das Figürliche, die Darstellung des Menschen und des Zwischenmenschlichen in existenziellen und psychologischen Kontexten bis hin zu Bereichen der Erotik und Sexualität. Die Ausstellung eröffnet in der Gegenüberstellung der Œuvres beider Künstler spannende Perspektiven und regt zu Entdeckungen an, wie unterschiedlich Disler und Altenbourg das Thema der menschlichen Figur umgesetzt haben.