Spuren in Jahrhunderte alten Dokumenten geben oft überraschende Einblicke in die gemeinschaftsorientierte Lebenswelt der Nonnen. Dazu gehören vor allem die Hand- und Druckschriften aus den historischen Büchersammlungen der Frauenklöster, die in den letzten Jahren intensiv erforscht wurden und jetzt erstmals öffentlich zu sehen sind.
Die Klöster waren Orte einer vielfältigen Frömmigkeitspraxis, deren Ausgestaltung sich aus dem Zusammenspiel ausgewählter Medien und Praktiken ergab. Dies waren zum Beispiel der gemeinsame Gottesdienst, Prozessionen oder die persönliche Andacht. Deshalb sind zusätzlich zu den Büchern weitere wertvolle Objekte aus den ehemaligen Kirchenschätzen zu sehen.
Frauenbildung fand im Mittelalter fast ausschließlich in den Klöstern statt. Die Ausbildung der Novizinnen bereitete auf ein Leben vor, in dem Kenntnisse im Schreiben und Lesen sehr wichtig waren. Neben der Landessprache gehörte dazu auch die Beherrschung des Lateinischen. Begabte Mädchen erlernten außerdem praktische Fähigkeiten, darunter den für Frauenkonvente typischen Klosterstich, und entwarfen später prächtige Textilien wie das in der Ausstellung gezeigte ‚Osterkissen‘ aus dem Museum im Schloss Wolfenbüttel. Andere befassten sich mit Notenschriften zur Aufzeichnung der liturgischen Gesänge. Schreiberinnen und Buchmalerinnen bereicherten die klösterlichen Büchersammlungen, indem sie Texte kopierten, neu zusammenstellten und mit passenden Bildern ausstatteten. In den Werkhäusern entstanden aus Pergament und Textilien kreativ gestaltete Bucheinbände.
Der Tod war im Denken der Menschen des Mittelalters allgegenwärtig. Am ältesten norddeutschen Rosenkranz, einer Gebetskette, die auf dem Nonnenchor des Klosters Wienhausen gefunden wurde, hängt daher ein kleiner Totenkopf. Er gemahnt an die Vergänglichkeit des Lebens. Die Frage, wie es nach dem Tod weitergehen würde, beschäftigte alle Gläubigen. Trost fanden sie zum Beispiel im Hortulus animae, dem Seelengärtlein. Dieser „Bestseller“ der spätmittelalterlichen Erbauungsliteratur enthält nicht nur Gebete oder Heiligenlegenden, sondern auch beeindruckende Bilder.
Wer sich fragt, wie Jahrhunderte alte Bücher und Objekte nach heutigen Fragestellungen, Methoden oder modernen technischen Möglichkeiten ihre Besonderheiten preisgeben, wird in Ausstellung und Katalog dazu anschauliche und überzeugende Antworten, interessante Einsichten und neue Ergebnisse finden.