13.01.2012 - 05.02.2012
Mit der Ausstellung "Baden + ähnliche Körper-Sachen" findet thematisch bislang Verstreutes eine Verbindung. Bislang hatte der Kunstverein Weiden mit der fränkischen und Nürnberger Kunst-Szene gerade mal punktuellen, mückenstich-flüchtigen Kontakt, so dass, von dem was bei der gegebenen räumlichen Nähe und aus elementar-kollegialer Notwendigkeit heraus Szene-Begegnung heißen müsste, noch keine Rede sein kann. Im Gegensatz zur Prager Szene.
Der Kontext, der den Kunstverein in der einstigen Zoll-Station an der mittelalterlichen Wirtschafts-Ader zwischen Nürnberg und Prag, an der viel besungenen Goldenen Straße, nicht ohne Erfolg nach dem Bildungs-Gold ost-westlicher Kunst schürfen ließ, entstammte anderem.
Er entstammte vor allem unserer einstigen Partnerschaft mit den Weidener Bayerisch-Böhmischen Kulturtagen und dem eigenen mehr als zehn Jahre währenden Bemühen darum, unsere nicht witzlosen Studenten-Projekte mit den Kunst-Hochschulen Prag und Nürnberg zu einem gewünschten Dauerbestandteil des offiziellen Weidener Kultur- und Hochschul-Lebens werden zu lassen.
Alles, was da auf Prager und Nürnberger professoraler Hochschulebene Rang und Namen hatte, war 2004 zum EU-Beitritt der osteuropäischen Länder im Kunstverein Weiden zu Gast gewesen, und der Gastgeber selber hatte die Ehre gehabt, hier im Raum der Nürnberg-Prager-Städte-Partnerschaft als Mediator aufzutreten. Eine Notiz auf der Homepage der Stadt Nürnberg erinnert daran (google: Text aktuell - Stadt Nürnberg, ausgewählte Projektbeispiele).
Wenn jetzt die Eröffnungs-Ausstellung 2012 dagegen Intimität und Privatheit signalisiert, so soll das allerdings nicht unbedingt programmatisch sein, es soll nicht Rückzug heißen und will nicht dem kultur-politischen Parkett "Adela" sagen. Aus alter Zuneigung haben wir auch wieder die Prager FAMU (Abteilung Fotografie an der Film- und Fernsehfakultät der Akademie der Musischen Künste Prag) zur Teilnahme eingeladen: es kommen die/der junge Fotograf/in Silvie Korenková und Michal Adamovsky.
Die Mutter unserer Ausstellung heißt Zufall. Seit langem schon war bei uns nach einem thematischen Rahmen für die vitale Arbeit von Rubin Hirschbeck gesucht worden, Jahrgang 1968, Grützke-Meisterschüler, der das zwischenmenschliche ABC des Sich-Ausstehens bzw. Nicht-Ausstehens zu exemplarischen Bild-Zeichen verbindet und zu immer wieder neuen Überraschungen durchbuchstabiert. Seine Badebilder hatten es uns angetan, von denen waren aber fast alle verkauft. Um die verwickelte Werde-Geschichte dieser Ausstellung kurz zu machen, Herr Hirschbeck wurde zu unserem fränkischen Tür-Öffner: "Kennen Sie denn vielleicht Kolleginnen und Kollegen zum Thema?" fragte ich. Er kannte, etliche. Und so erreichte der Kunstverein Weiden - wie wunderbar - die Nürnberger Kunst-Welt auf einem bis dato unbekannten Wasser-Weg.
Ein weiterer Themen-Splitter, der hier passt, ist eines der Leitthemen, die unsere Ausstellungen unterschwellig immer wieder durchziehen, es ist das Thema des Menschen als ein a priori durch seinen Leib in der Welt verankertes Wesen, und dieses Thema der philosophischen Phänomenologie, das insgesamt und aktuell Interesse beanspruchen darf, steht unversehens im regionalen Kunstraum als inspirierender Blick-Weiser vor uns.
2004 hatten wir dieses Thema in einer national herausragenden Ausstellung aus dem Bereich der Prozesskunst berührt, "Terra Murata", Arbeiten von Franz Erhard Walther, jetzt bringen uns junge Positionen aktueller malerischer/bildhauerischer Darstellungs-Verfahren auf den Weg.
Wie kommuniziert der Mensch in seiner Leibhaftigkeit mit dem Körper, über den Körper, und welches sind die Codes und Leitbilder seiner Lebenskreise, seiner Zeit und seiner Epoche, die diese Kommunikation tragen? Das Forschungsfeld zu all diesen Fragen ist grenzenlos und führt durch alle Höhen und Tiefen des Sich-Freuens und Leidens des Menschen an sich selber. Gedankenlastigkeit, wie man hier befürchten könnte, kann schnell in die Wüste führen und sehr trocken werden. Der motivische Rahmen aber, in dem die philosophischen Leib- und Körperbetrachtungen dieser Ausstellung angestellt werden, bricht den allzu abstrakten, hochphilosophischen Gedanken, er erdet im Wiedererkennen unseres mitteleuropäischen Alltags, unserer sozialen Aktivitäten, unserer Mußestunden, und vor allem im Bild unorganisierter, aus der Reihe tanzender Augenblicke. Unser Körper, dieser domestizierte Teil der allumfassenden, ewig unergründlichen Natur, darf dort entspannen, kann sich aus der Ferne zuwinken und zu sich selber kommen. Dem steht seitens der FAMU beste tschechisch-fotografische Tradition zur Seite und seitens der Metropol-Region hilft hierbei beste bildend-künstlerische Tradition, die in Malmittel und Polyester auch eine Dosis till-eulenspiegel-haften Humors einrührt.