19.04.2008 - 15.06.2008
Einem breiteren Publikum bekannt wurde der 1969 in Shkoder, Albanien, geborene Künstler Adrian Paci durch einen Videofilm, der im Wesentlichen aus einer Einstellung besteht: Der Künstler platzierte 18 Tagelöhner aus seiner Heimatstadt Shkoder und ebenso viele Generatoren zu einem Gruppenbild auf einer Stadiontreppe. Alle sitzen neben ihrem Generator, der eine Glühlampe mit Strom versorgt. Die „Tätigkeit“ besteht lediglich darin, diese Generatoren anzuwerfen und die dann aufleuchtende Glühlampe zu halten. Der Tag vergeht, und das Leuchten intensiviert sich, ohne dass etwas passieren würde. Auf ihren Gesichtern ist einig teilnahmslose Hingabe an diese sisyphushafte Negation von Arbeit abzulesen. Zwischen Beckettschem Theater und Sozialstudie besticht das Video durch die Verzahnung sozialer, gesellschaftlicher und ästhetisch-poetischer Dimensionen.
Das Werk Pacis verhandelt Themen wie Migration, Globalisierung oder kulturelle Identität in bestechend archaischen Bildern: Die Wahl des Mediums – Video, Installation, Malerei oder Skulptur – scheint zweitrangig neben dem Bedürfnis, einer komplexen gesellschaftlichen Gegenwart Bilder entgegenzusetzen, die sich auf der Netzhaut einbrennen. Fotografien, Filme, Malereien, die gesättigt sind von emotionaler Empathie und dabei neben ihrem gesellschaftlichen und politischen Anliegen nie die Ebene der sinnlich-ästhetischen Vermittlung vergessen.
Die für den Kunstverein Hannover konzipierte Ausstellung versammelt Werke aus allen Schaffensphasen seit 1997, die sämtlich um das Thema der biografischen, kulturellen und nationalen Identität kreisen. Sie wird komplettiert durch zwei neue Filmarbeiten, die in Hannover zum ersten Mal institutionell gezeigt werden. Insbesondere der Film ‚Per SpeculumÂ’ eröffnet medial wie inhaltlich neue Aspekte im Werk Pacis. Die aufwendige 35-mm-Produktion entwickelt ihre ebenso märchenhafte wie traumlogische Bildsprache in den Hügeln Südenglands. Tobende, spielende, lachende Kinder in Bäumen und auf Wiesen, ein Spiegel, der mit einem gezielten Wurf zerstört wird, die Welt, die sich spiegelt und in Scherben liegt: verführerische, einfache Bilder, die alles zeigen und nichts wirklich auflösen.
Daneben zeigt Paci in Hannover vornehmlich Arbeiten, die zwischen Dokument und Inszenierung, zwischen seiner eigenen Familie und Schauspielern, zwischen Re-Enactment und der Realität einen vielschichtigen und im ästhetisch produktiven Sinne verwirrenden Ort definieren. So beschreibt Klodi, ein Bekannter Pacis, in der gleichnamigen Arbeit seine Odyssee zwischen Albanien, Mexiko, Italien, den USA und wieder zurück. Die Geschichte eines ganz privaten Desasters auf der Suche nach Glück und dem gelobten Land ist dabei ebenso bedrückendes Spiegelbild der Tagespolitik wie wunderbar clowneske Inszenierung eines begnadeten Selbstdarstellers. Die Wahrheit liegt hier, wie im gesamten Werk Pacis, in einem wunderbaren Ort zwischen den einzelnen Bildern und Realitäten.
Eröffnung: Freitag, den 18. April 2008 um 20.00 Uhr