Die in Berlin lebende Künstlerin Sarah Schönfeld (*1979) beobachtet die Wirkung von psychotropen Substanzen, Medikamenten und Giften. Aber, anders als erwartet, nicht direkt auf den Menschen, sondern auf die Emulsion eines Fotonegativs.
Drogen und Fotografie repräsentieren zwei zeitgenössische Erklärungsmodelle von Wirklichkeit. Die Fotografie bietet einen vermeintlich konstanten, objektiven und bestätigenden Zugriff auf die äußere Welt. Sie scheint eindeutige Informationen über die Wirklichkeit zu geben. Die Droge hingegen verspricht einen konsumierbaren Zugang zu Rausch, Ekstase, Bewusstseinsveränderung oder gar Heilung. Die Innenwelt scheint darüber regulierbar.
Die chemischen Bausteine dieser beiden Möglichkeiten bringt Sarah Schönfeld direkt und spielerisch miteinander in Verbindung: Sie beträufelt das belichtete Negativ, das eine monochrome Farbfläche abbildet, nach dessen Entwicklung mit einer entsprechenden Substanz, z.B. LSD, die dann auf das Fotonegativ einwirkt. Das Negativ wird auf diese Weise zur Bühne für einen allegorischen Prozess zwischen Repräsentation und Wirklichkeit. Auf fast alchemistische Art und Weise schließt sie Innen- und Außenwelt auf dem Tableau der analogen Fotografie miteinander kurz. Die entstehenden Bilder docken an unsere inneren kollektiv-assoziativen Bilder an. So sind es Planeten, Zellen, Querschnitte von Kristallen, Landschaften oder Embryos, die die Experimente zum Vorschein bringen. Die Abbildungen muten an wie emphatische Beschreibungen der Wirkungsweisen eben jener Substanzen, die sie entstehen lassen. Sie verführen zu einer Lesart im Sinne der Signaturenlehre des Mittelalters oder der »sich selbst schreibenden Natur« der Romantiker.
Sarah Schönfeld verhandelt mit ihren aktuellen Arbeiten nicht nur Fragen von Darstellung und Sichtbarkeit, sondern führt uns vor Augen, wie wir Bilder lesen und auf was wir dabei zurückgreifen. "ALL YOU CAN FEEL (and what does it look like?)" ist eine humorvolle Untersuchung über die Wahrnehmung von Welt und Wirklichkeit.
Sarah Schönfeld Sarah Schönfeld (*1979 in Berlin) bedient sich in ihrer Arbeit hauptsächlich der Fotografie, wobei sie sich in den Grenzbereichen zu Zeichnung, Malerei, Film und Performance bewegt. Sowohl die historisch-dokumentarischen als auch die mythologisch-religiösen Dimensionen der Fotografie werden von ihr durch verschiedenste Strategien befragt, zerlegt, neu zusammengesetzt und kommentiert.
Sie studierte bei Lothar Baumgarten an der Universität der Künste Berlin.
2012 erhielt sie das Arbeitsstipendium der Stiftung Kunstfonds, Bonn, 2011 ein Residenzstipendium in der Villa Aurora, Los Angeles, und 2006 DAAD Stipendien für Sibirien und Schottland. Sie lebt und arbeitet in Berlin.
Ihre Arbeiten waren in Ausstellungen u.a. in der Hamburger Kunsthalle (2012, 2007), im Museo Paco, São Paulo (2012, 2010), in der Berlinischen Galerie/Landesmuseum Berlin (2010, 2009), im Goethe Institut Neuseeland (2010), im Bureau for Open Culture, Ohio (2009), im Museum Baden, Solingen (2008), und im Heidelberger Kunstverein (2008) zu sehen.