06.06.2010 - 26.09.2010
Der französische Maler Georges Braque (1882 - 1963) hat die Entwicklung der Kunst des 20. Jahrhunderts entscheidend mitbestimmt. Gemeinsam mit Pablo Picasso schuf der Franzose den Kubismus und begründete damit die umfassendste Formerneuerung in der Malerei der Moderne. Einige seiner frühen kubistischen Atelierbilder, meditativen Stillleben und späten Vogel-Serien zählen zu den wichtigsten und schönsten Exponaten in den großen Museen weltweit.
Nun präsentiert das Kunsthaus Stade erstmals im Norden Deutschlands rund 150 druckgraphische Werke des französischen Malers aus der deutschlandweit größten Sammlung der Öffentlichkeit.
Die ausgewählten Werke stammen ursprünglich aus einer Pariser Privatkollektion, die sich durch eine nur selten zu erlebende Dichte und Geschlossenheit auszeichnet. Die zumeist farbigen Lithographien, Radierungen, illustrierten Malerbücher und einige seltene Keramiken umspannen Braques künstlerisches Schaffen von 1921 bis zu seinem Tod 1963 – sie spiegeln geradezu mustergültig den Bilderkosmos des großen Wegbereiters der französischen Moderne.
Die Begegnung mit Pablo Picasso prägte die Entwicklung des Malers entscheidend. Sechs Jahre dauerte die einzigartige, wechselseitig befruchtende künstlerische Zusammenarbeit des Spaniers und des Franzosen. Kaum ein Werk entstand in dieser Zeit ohne den Einfluss des anderen; ihre radikal neue Bildauffassung trug bewusst keine individuelle Handschrift mehr. Mit dem Beginn des Ersten Weltkriegs trennten sich auch künstlerisch ihre Wege.
Seit den frühen 1920er Jahren hat sich Braque intensiv mit den künstlerischen Möglichkeiten druckgrafischer Verfahren beschäftigt. Im Gegensatz zum temperamentvollen Genie des einstigen Weggefährten Picasso zeigt sich bei Braque die große meditative Konzentration und stille Erhabenheit seiner Bildwelt. Seit den 1920er Jahren reduzierte er seinen Motivkanon auf wenige Themen: Es sind vor allem Stillleben – Früchte, Blumen, Haushalts- und Ateliergegenstände – oder die Blätter zur griechischen Mythologie und seine Vögel im Flug, die er immer wieder variierte und farbig wie formal neu auslotete.
Kaum ein anderer Künstler hat die bildnerischen Möglichkeiten von Farbe, Form und Stofflichkeit, vom Raum und seiner Entgrenzung so konsequent erforscht wie Georges Braque und so auch in der Druckgrafik zu einer höchst poetischen Bildsprache gefunden.
Neben vielen Spitzenwerken seines grafischen Oeuvres sind auch zahlreiche Zustandsdrucke und viele kaum gezeigte Unikate im Kunsthaus am alten Stader Fischmarkt zu entdecken, die der Werkschau zugleich einen intimen Ateliercharakter verleihen. Die exquisite Pariser Privatsammlung, die dieser Ausstellung zugrunde liegt, ist dem Graphikmuseum Pablo Picasso Münster im Jahr 2004 übergeben worden. Eine umfangreiche Auswahl wird nun erstmals als Leihgabe im Kunsthaus Stade – und in zweiter Station im Kunstmuseum Ahlen – zu sehen sein.