Die Vitrinen des Ethnologischen Museums sind zerbrochen. Im Mittelpunkt aktueller Auseinandersetzungen in der Museumslandschaft wie auch in der zeitgenössischen Kunst steht die Zukunft von europäischen und afrikanischen Sammlungen, deren historische Entstehung unmittelbar mit kolonialen Geographien und Ethnographien verbunden ist. Vor dem Hintergrund der historischen Situation – der rassistischen Praxis von Völkerschauen, Kolonialausstellungen, dem medizinhistorischen Sammeln zur Einordnung von Menschen, und einer der umfangreichsten ethnologischen Sammlungen in Europa – werden Fragen der Restitution, des Umgangs mit menschlichen Überresten und des Kulturerbes auch für Dresden und Sachsen aktuell.
Mit der Ausstellung Boundary Objects eröffnet das Recherche- und Ausstellungsprojekt Künstliche Tatsachen (2014/2015) nach Cape Town (Südafrika) und Porto-Novo (Benin) seine dritte und abschließende Station in Dresden.
Mit zum Teil eigens für die Ausstellung entstandenen Werken fordern internationale Künstler/innen den eingeübten Museumsblick der visuellen Kolonisierung heraus. In ihren Arbeiten untersuchen die Künstler/innen Blickregime und hinterfragen die Geste des Zeigens und Repräsentierens und letztlich der Konstruktion des ‚Anderen’ im Museum. Dabei interessieren sie sich für den zukünftigen Status der Objekte, die einstmals als kulturgeschichtliche Belegobjekte, Souvenirs und Trophäen gesammelt wurden und heute zunehmend einer globalisierten World Art zugeschrieben werden. Auf die Rahmung durch Vitrinen folgen nun Spotlight und Podest.
Mit dem Begriff der ‚Boundary Objects’ nimmt die Ausstellung das Potenzial von Objekten in den Blick, etablierte Kontexte und darin festgelegte Bedeutungen zu transzendieren: Als Opponenten ihrer eigenen Geschichte werden die Objekte zu Mittlern für größere Kontexte einer gemeinsamen Erinnerung an die Gewalt unethischen Sammelns, die das europäische Museum im 19. und frühen 20. Jahrhundert füllte, und für die Entstehung neuer transkultureller Erzählungen.