Was Henri Matisse (1869-1954) suchte, war nichts Geringeres als das Paradies oder das Goldene Zeitalter, das er neu zu beleben gedachte: Durch die Reinheit der Farben und das beruhigende Gleichgewicht in den Beziehungen der Dinge untereinander genauso wie durch seine Themen, die er in unterschiedlichen Variationen lebenslang verfolgte. In seinen Bildern von Tanzenden, erotischen Akten und Odalisken, üppigen Stillleben und Interieurs spiegelt sich Lebensfreude und Glück. Matisse habe „die Sonne im Bauch“, so Pablo Picasso, Matisse‘ glühendster Bewunderer und Kritiker. Für Matisse war die Kunst wie ein „Blumenstrauß im Zimmer“ und sollte das Auge und den Geist fesseln wie ein Mandala oder die Arabesken des Islam. Das Ornamentale und Zeichenhafte, das Matisse durch seine Algerien- und Marokkoreisen wie durch die Beschäftigung mit islamischer Kunst, Stoffen und Tapisserien kennenlernte, war für ihn mehr als bloße Dekoration. Für ihn war es ein Kosmos aus Mustern und Zeichen, die sich zu einer persönlichen Mythologie und zum Code eines glücklichen Lebens verdichteten. In Übertragungen und Variationen griff er in seiner Kunst immer wieder auf diese Chiffren zurück und versah sie mit eigenen Bedeutungen. Die Ausstellung Henri Matisse – „Meine gekrümmten Linien sind nicht verrückt“ zeigt ca. 100 bis 120 Gemälde, Zeichnungen und Grafiken aus den Jahren 1903 bis 1952 sowie Buchillustrationen von 1932 bis 1950, u.a. zu Stéphane Mallarmés Poésis (1932), Charles Baudelaires Les Fleurs du Mal (1947) und das mit eigenen Texten versehene Buch Jazz (1947), das eine Hommage an seine Reisen und den Jazz darstellt. Zur Ausstellung erscheint ein reichlich bebilderter Katalog, der das Thema wissenschaftlich aufarbeitet.