André Bless (*1950, lebt und arbeitet in Winterthur) beschäftigt sich in seinen Arbeiten mit dem illusionistischen und ästhetischen Potenzial des Mediums Licht. Er spielt mit der Wahrnehmung des Betrachters und führt diese oft an die Grenzen ihrer Erkenntnisfähigkeit; seine Aufmerksamkeit gilt vor allem Phänomenen, die üblicherweise nicht zu einer intellektuellen Befragung einladen, sondern alltäglich und selbstverständlich erscheinen.
Im Oberlichtsaal macht Double Scan (2014) das Verhältnis von Wahrnehmung und intellektueller Erkenntnis gleich zum Thema: In Lichtbalken, die orthogonal über die Wände gleiten, wird Text lesbar, der offenbar zusammenhängend ist und etwas mit Licht und Insekten zu tun hat. Den Gesamtzusammenhang zu erschliessen bleibt dem normalen menschlichen Betrachter allerdings unmöglich, denn unser Vorstellungs- oder Erinnerungsvermögen reicht nicht aus, um dem begrifflichen Angebot der dargebotenen Wahrnehmung Herr zu werden. Insbesondere in neueren Arbeiten steht das den Lichtquellen selbst innewohnende ästhetische Potenzial im Zentrum. Belle Vue (2014) etwa ist ein minimalistisches Setting aus lediglich einer Glühbirne und einem Ansichtskartenständer, das mit einem atemberaubenden Schattenwurf eine unverhofft dramatische Wirkung entfaltet. Auch die beiden Grossprojektionen Strahler (2013) und Snowblind (2013) inszenieren die verführerische Qualität von Lichtquellen auf eindrückliche Weise. Ein Baustrahler respektive die Scheinwerfer eines Pistenfahrzeugs blenden stufenlos bis ins völlige Weiss auf; dieser Vorgang wird als Negativfilm wiederholt, wodurch ein Loop vom Dunkel ins Hell und wieder zurück entsteht. So einfach das Setting, so betörend die Wirkung: Ganz gleich wie der Insektenschwarm, der in HIGH MOON (2012) scheinbar immer wieder vom Licht angezogen auf die Membran einer Trommel knallt, so kann sich auch der Mensch der Faszination des Lichts kaum entziehen.