Bekannt wurde Jochen Mühlenbrink (* 1980 in Freiburg/Br.), der an der Kunstakademie Düsseldorf bei Markus Lüpertz Malerei studierte, durch seine irritierenden Darstellungen brennender ICE-Züge, im Schnee oder Wasser versunkener Dörfer. Verschwanden in diesen Werken Dörfer oder Landschaften in der breit angelegten Malmasse, so verschiebt sich seit 2011 dieser Moment des Übermalens in Mühlenbrinks Bildsprache auf die Ebene des Mediums der Malerei: Das Spiel zwischen dessen Vorder- und Rückseite tritt ästhetisch so ins Werk, dass das Bild als räumliches Objekt erscheint.
In Mühlenbrinks neuer Werkgruppe sehen wir auf die rückwärtigen Flächen scheinbar gerade weggestellter Werke (siehe Abb.), auf im Raum wie achtlos abgestellte Kartons oder auf Bilder mit versehrten Oberflächen, an denen (scheinbar) noch Spuren vorheriger Bilder kleben. Die Werke erscheinen als Doppelgänger ihrer selbst, die im Teufelskreis einer unausweichlichen Bildwiederholung gefangen erscheinen. Mühlenbrink greift in dieser Werkgruppe auf den realistischen Topos des Trompe l’oiel zurück, der seit dem 17. Jahrhundert immer wieder als selbstkritisches Instrument in der Kunst eingesetzt wird. Angesichts der Gegenwartskunst erhalten Betrachter den Eindruck, dass parallel zum unbekümmerten Gebrauch medialer Bilder eine ernsthafte ästhetische Auseinandersetzung über die grundlegende Frage, was heute überhaupt noch ein gemaltes Werk sein kann, entstanden ist, und das Verhältnis von Abbild und Wirklichkeit erneut auf dem Prüfstein steht.
In der Kunsthalle Wilhelmshaven geben wir mit etwa 25 Ölgemälden aus zehn Jahren einen ersten Überblick seines Werks. Kooperationspartner ist das Freiburger Morat-Institut für Kunst und Kunstwissenschaft. Ein 150-seitiger Katalog mit Beiträgen von Christian Malycha und Viola Weigel sowie zahlreichen Farbabbildungen erscheint zur Ausstellung im Radius-Verlag, Stuttgart.