26.06.2008 - 03.08.2008
In einer Zeit, in der Architekten ihre Bauwerke als Großraumskulpturen konzipieren, ist es nur zu verständlich, wenn auch Künstler ihre Skulpturen tektonisch konstruieren, anstatt sie durch die tradierten Formen des An- oder Abtragens von Material in die rechte Form zu bringen. Schon Künstler wie Wladimir Tatlin oder Naum Gabo leiteten ihre Ideen aus der zeitgenössischen Architektur ab, und im Umfeld von Dadaismus und Surrealismus fügte die Objekt-Kunst der Plastik neue Ausdrucksformen hinzu. Die Bildhauerin Karien Vervoort, 1961 in den Niederlanden geboren und Mitte der 1990er Jahre über Berlin nach Thüringen gekommen, folgt in ihrer Arbeit dieser modernen Tradition, den Raum künstlerisch zu interpretieren. Sie entwarf streng geometrische Formen über Grundrissen oder verschachtelte sie ineinander zu komplexen räumlichen Gebilden, die an Modelle für Gebäude oder Monumente erinnern. Aber auch Möbelformen oder andere Gebrauchgegenstände wurden zitiert. Einige dieser Arbeiten nannte sie „Denkmodell“ – als müsste sie wie eine Architektin binnenräumliche Verhältnisse anhand eines Modells klären. Doch lassen sich diese Modelle als Komposita geometrischer Grundformen nur äußerlich erleben und mit anderen Formen vergleichen. So ähnlich ersinnt, nach Platon, der Weltgeist seine Schöpfung, die fünf Elemente, wobei der Dodekaeder die komplexeste Form, den Geist bzw. die Quintessenz (ab-)bildet. Prinzipien des Bauens wie Addition, Durchdringung, Verzerrung, Spiegelung etc. wendet Karien Vervoort auf unterschiedliche Objekte an, manche wirken wie rätselhafte Design-Entwürfe. In ihrer jüngsten Arbeit interpretiert sie das Ich als Polyeder – ein Behältnis mit sinnlicher Benutzeroberfläche und partieller Durchfensterung und eine Reminiszenz an den paradoxen Witz, wie ihn René Magritte zeitlebens praktizierte.