Mit dem Blick eines Reisenden entwickeln Simon Evans (*1972) und Öyvind Fahlström (1928-1976) eine jeweils eigene Kartografie der Welt. Evans schafft vor allem psycho-geografische Karten, die es ihm erlauben, seinen eigenen Standpunkt zu definieren und sich selbst in seiner Umwelt zu verorten; vom Persönlichen ausgehend legt er den Finger auf allgemein menschliche Unzulänglichkeiten und Bedürfnisse. Fahlström interessieren die Gesetze des Kollektiven, die sich in popkulturellen Bildwelten und in der Anhäufung politischer und ökonomischer Daten niederschlagen. Er komponierte Gemälde und Installationen aus variablen Elementen und stellte politisch aufgeladene Information zu komplexen geopolitischen Landkarten zusammen, die schonungslos globale Ungerechtigkeiten offenlegen. Die Variabilität von Elementen, das Spiel als Grundlage des Kunstwerks verdeutlichen die grundsätzliche Veränderbarkeit der Welt durch den einzelnen. Fahlström wie Evans motivieren den Betrachter, seine eigene Position zu überdenken, ob im globalen Machtspiel oder im Alltäglichen. Beide bedienen sich in ihren Analysen einer gehörigen Position Sarkasmus und Ironie, was zur Folge hat, dass Evans von jeglicher Form sentimentaler Selbstbespiegelung weit entfernt ist und Fahlströms Werk nicht in die Nähe politischer Propaganda rückt. Auch der formale Erfindungsreichtum der Künstler, die beide Techniken der Collage und der Fragmentierung nutzen, ist gleichermaßen faszinierend. Fahlström verarbeitet das Übermaß an visueller Information in kompositorisch dichten, labyrinthischen Strukturen, kombiniert angeeignete Bilder mit frei erfundenen Formen oder erzeugt beinah traumähnliche Sequenzen, etwa wenn die Figuren beim Green Pool zu immer neuen Konstellationen zusammenfinden. Evans Werke haben – wie seine assoziativen Beobachtungen – einen nahezu ephemeren und zarten Charakter. So wie sich Außen- und Innenwelt in den Collagen überlagern, überlagern sich auch die unzähligen Text- und Bildschichten. Kleinste aus Notizbüchern ausgeschnittene Papierschnipsel, Alltagselemente, Zeichnung, Löschung und Überklebung ergeben ein dichtes Netz miteinander verwobener Elemente. Die Spuren der Zeit, der Fluss der Gedanken sowie das Bewusstsein um die Unmöglichkeit der Festschreibung spiegeln sich so auch formal in Evans Werken. Gleichzeitig konterkariert er das situationistische Treiben mit konkreten Handlungsanweisungen, Feststellungen und Behauptungen.
Die Idee, eine Doppelausstellung mit beiden Künstlern zu realisieren, entstand durch den Dialog über ihre Arbeiten. Umso fruchtbarer war die Entdeckung, dass Fahlströms Werk für Simon Evans tatsächlich – wie zweifellos für viele weitere Künstler der Gegenwart – eine der wichtigsten Inspirationsquellen darstellt.
Die Ausstellung konzentriert sich auf eine kleine Auswahl von Arbeiten, die Karten, Grundrisse und Spielfelder zeigen oder – im Falle von Fahlström – tatsächlich als Spiele funktionieren. Die Künstler nutzen diese Ordnungsprinzipien, um komplexe Zusammenhänge zu strukturieren: First we make the rules. Gleichzeitig brechen sie dabei mit den gewohnten Ordnungen, auch wenn sie sich formal ihrer Methoden bedienen: Then we break the rules – eine Behauptung, die Evans durch den vermeintlichen Schreibfehler auf Einladungskarte und Katalogcover sowohl in seiner wörtlichen als auch in seiner übertragenen Bedeutung einlöst.