20.07.2009 - 03.01.2010
1907 wurde mit Bruno Paul ein namhafter Architekt und Designer als Direktor der Unterrichtsanstalt des Kunstgewerbemuseums berufen. Er führte als eine künstlerisch-pädagogische Neuerung quer durch alle Fachrichtungen das Entwerfen von Medaillen ein und berief sich dabei ausdrücklich auf seinen medaillenfreundlichen Vorgesetzten, Generaldirektor Wilhelm von Bode. Die Erneuerung der Medaillenkunst war das erklärte übergeordnete Ziel.
Das Konzept bestand in einer kunstpädagogisch doppelten Auszeichnungsabsicht. Bestschüler und Schülerinnen durften Medaillen entwerfen, andere wiederum wurden mit ihnen am Ende des Studienjahres geehrt. Die kleinen Erstlingskunstwerke wurden in nur wenigen Exemplaren in Bronze von Berliner Bronzegießereien vervielfältigt, gerade so viele, wie zu Auszeichnungszwecken benötigt wurden. Die künstlerische Gestaltung der Vorderseite war vor allem in der Weimarer Republik frei gestellt und zeitigte eine erstaunliche thematische und formale Qualität.
Die erste bekannte Medaille stammt von 1910, die letzte von 1942. Über einen Zeitraum von 30 Jahren, mit kriegsbedingter Unterbrechung von 1915 bis 1919, entstanden schätzungsweise etwa 100-150 verschiedene Medaillen. Einige später bedeutende Künstler legten mit ihnen den Grund für ihr Œuvre, z. B. die Bildhauer Gustav Weidanz, Gustav Seitz, Renée Sintenis und Bernhard Heiliger oder auch die Maler Felix Nussbaum und Ernst Böhm. Böhm erhielt 1911 eine Medaille als Auszeichnung, wurde später als Lehrer an den Staatsschulen wegen seiner jüdischen Ehefrau entlassen, emigrierte und war nach dem Zweiten Weltkrieg Dekan an der Kunsthochschule.
Manche wiederum verstarben früh, wie der Bildhauer Hermann Blumenthal, der 1928 eine Medaille mit einem Reitermotiv entwarf. Zwei Jahre später erhielt er 25 jährig den Großen Staatspreis der Preußischen Akademie der Künste. 1942 fiel er mit 37 Jahren an der Front. Ein anderer talentierter Bildhauer war Kurt Schumacher, 1942 in Plötzensee wegen politischen Widerstands hingerichtet. Wieder anderen folgte auf frühe Anerkennung kein späterer Ruhm, oder aber es konnte nur der Mädchenname, nicht aber die spätere Namensänderung ermittelt werden.
Das Münzkabinett besaß in seiner reichen Sammlung vor 1990 eine einzige Medaille und auch nur deshalb, weil die Gestaltung 1913 auf das 25 jährige Regierungsjubiläum Kaiser Wilhelms II. Bezug nimmt. In anderen Einrichtungen, wie dem Kunstgewerbemuseum existieren keine diesbezüglichen Arbeiten. Mittlerweile gelang in den letzten 15 Jahren nach und nach die gezielte Erwerbung von ca. 60 Arbeiten. Damit einher ging die Erforschung dieser Berliner Medaillenspezies.