Seit Anfang der 1960er Jahre versammelt Gerhard Richter in seinem ATLAS Tausende von Fotografien, Zeitungsausschnitten, Skizzen und Collagen, die er auf einzelnen Tafeln nach formalen und inhaltlichen Gesichtspunkten anordnet. Die Tafeln werden in Bildblöcken, manchmal zu Dutzenden, zusammengefasst. Einzelne Motive haben als Vorlagen für Gemälde und andere Werke gedient; viele jedoch blieben nur Ideen und wurden nicht ausgeführt. Andere Tafeln zeigen, dass Gerhard Richter in Skizzen und Collagen bereits ab 1971 Raumvisionen entwickelte, die sich ins nahezu Unermessliche ausdehnen können. In diesen Entwürfen wird sichtbar, dass es dem Künstler nicht nur um das einzelne Gemälde geht, sondern darüber hinaus um visionäre Raumentwürfe und die Platzierung von Bildern im Raum.
Der ATLAS besteht aus einer Fülle einzelner Motivblöcke, die seit den 1970er Jahren wiederholt ausgestellt und von Richter selbst, je nach Raumsituation, immer wieder neu zu wandfüllenden Bildblöcken angeordnet wurden.
MIKROMEGA (griechisch: klein-groß) soll diesen Aspekt, der im ATLAS als Kunstwerk vorherrscht, zum Ausdruck bringen. Der Titel nimmt Bezug auf Voltaires Schrift „Micromégas – eine naturphilosophische Erzählung“ von 1752, in der über die relative Größe der Wirklichkeit spekuliert wird. Die Ausstellung konzentriert sich auf die in den ATLAS-Tafeln zum Ausdruck gebrachten Raumvisionen Gerhard Richters. Erstmals zu sehen sind insbesondere Werkgruppen zu „Olympia 1972“, zum „Reichstag“ (1997), zu den „Domfenstern“ (2006) sowie zu der Serie „Strip“ (2012). An ihnen wird die künstlerische Strategie Richters deutlich, mit der er sich an monumentale Bilddimensionen heranarbeitet. Auch die Übertragung seiner Entwürfe in andere Medien, die sich dem unmittelbaren Zugriff des Malers entziehen, spielt eine wesentliche Rolle: Teppiche in Jacquard-Webtechnik und Farbstreifen-Collagen belegen dies ebenso wie eine Skulptur aus zehn Glasscheiben. In mehreren, erstmalig ausgestellten Modellen hat Richter weitere Glasscheiben-Skulpturen angelegt. Die spiegelnde Glasscheibe entrückt die Wirklichkeit „dahinter“ und schafft Distanz. Bereits unter den ersten Tafeln (Nr. 27) finden sich diese gekippten Glasscheiben. Weitere Modelle stellen visionäre Ausstellungsräume des Künstlers vor.
Das Lenbachhaus konnte den ATLAS 1996 erwerben. Damals zählte er 583 Tafeln. Seither hat Gerhard Richter ihn nach und nach auf heute 802 Tafeln erweitert.