Im vergangenen Jahr wurde erstmalig der Kunstpreis der Stiftung Dieter Krieg verliehen. Der Preis ist verbunden mit einer Ausstellung in Kolumba, das Preisgeld liefert den Sockelbetrag für den Ankauf eines Werkkonvolutes für die Sammlung. – Erster Preisträger ist der 1949 geborene und in Bremen und Berlin lebende Maler Norbert Schwontkowski. Seine Bilder spiegeln die großen, existentiellen Fragen; sie tun dies jedoch weder mit Pathos noch mit Schwere. Vielmehr sind sie von einer spielerischen Leichtigkeit, einer Klarheit und leisen Heiterkeit, die immer wieder von Neuem berührt. Schwontkowski interessiert sich für die Condition humaine, die Natur des Menschen, und lotet deren Licht- und Schattenseiten aus. Mit wachem Blick durchstreift er die Welt und findet dabei unauffällig alltägliche Szenen und Ereignisse, die von den Bedingungen und Begrenzungen menschlichen Daseins berichten. Sein Interesse gilt dabei den kleinen Sorgen genauso wie den großen politischen Fragestellungen. Oder, wie er selbst es umschreibt: „Das ist ja mein großes Thema: Ich habe als Künstler keine richtige Baustelle, ich beschäftige mich mit nichts Konkretem. Ich habe nur dieses eine, allermenschlichste Thema, Leben und Tod – aber eben konzentriert auf den wesentlichen Punkt. Das ist mir Geschichte genug.“ – Malerei ist Erinnerung – in den Bildern Schwontkowskis wird dieser mit dem Medium verbundene Anspruch ganz konkret erfahrbar: Seine Arbeit ist eine Arbeit am Bildgrund; Schicht um Schicht wird das Material auf- und wieder abgetragen, werden mit schnellen Gesten tiefer liegende Bildschichten wieder ans Licht geholt. Sichtbar wird diese gleichsam archäologische Arbeitsweise nicht nur an den differenzierten Oberflächen, die sich im Laufe der Zeit auch verändern, sondern auch an den Bildrändern, wo sich die Farbmasse zu einem plastischen Kantenverlauf ansammelt. Manche Bilder entfalten ihre Wirkung langsam, wecken konkrete Erinnerungen, eröffnen bei längerer Betrachtung allegorische Räume und werden zu eigentlichen Sinn-Bildern. Andere hingegen sind von größter Unmittelbarkeit; sie wirken, als hätte sie der Maler spontan auf die Leinwand geworfen. Keine gekonnte Komposition, kein diffiziler Bildaufbau – schnelle, aus dem Handgelenk (und scheinbar ungelenk) geworfene Pinselstriche. – Wichtiger Bestandteil von Schwontkowskis Bildsprache sind auch die Bildtitel, die die Motive ihrer Alltäglichkeit entheben und sie in einen eigentümlichen Schwebezustand versetzen. Was sich hier, im Zwischenraum von Bild und Sprache, ereignet, wirkt einer-seits spontan – ein glücklicher Einfall –, ist anderseits jedoch von einer Präzision, die an der Unmittelbarkeit der Bildfindung zweifeln lässt. Im Hin und Her zwischen Bild und Sprache wird der Bildgedanke so geschärft, „dass von ihm im besten Falle so etwas wie eine immerwährende Plötzlichkeit ausgeht“ (NS). So verdankt sich Schwontkowskis Malerei nicht einfach der Intuition, und sie ist alles andere als unreflektiert. Beziehungsreich spielt sie auf unterschiedliche bildkünstlerische Traditionen an – nährt sich aus der Romantik, aus der ostasiatischen Kunst, und nicht zuletzt auch aus der Poesie und dem Sprachwitz des Surrealismus.