03.07.2010 - 19.03.2011
Der Blick auf den antiken Sudan erweitert und verändert das traditionelle Bild der Geschichte des Niltals. Im Gegensatz zur verbreiteten Auffassung, dieses sei ganz vom Alten Ägypten geprägt gewesen, gilt die Region inzwischen als Schnittstelle zwischen Ägypten, das stärker dem Mittelmeerraum zugehörte, und Schwarzafrika.
Wenn vom antiken Sudan die Rede ist, meint man das historische Nubien, das Gebiet zwischen dem 1. Nilkatarakt bei Assuan/Ägypten im Norden und dem Zusammenfluss von Weißem und Blauen Nil im Süden. In diesem Gebiet liegt übrigens heute die Hauptstadt des modernen Staates Sudan, Khartoum.
Nubien stand stets im Schatten des Pharaonenreiches, von dem es in einigen Epochen beherrscht wurde. Ein wichtiger Grund hierfür ist sicher in der Schriftlosigkeit der nubischen Kulturen zu finden. Erst im 2. Jahrhundert v. Chr. entwickelten sie eine eigene Schrift; vorher verwendete man die ägyptischen Hieroglyphen.
Das Schicksal der Geringschätzung erfuhr Nubien ein zweites Mal in der Neuzeit: Die Ägyptologie - ein ursprünglich stark philologisch geprägtes Fach - folgte gewissermaßen dem Urteil der alten Ägypter und interessierte sich nur am Rande für das antike Nubien. Die Eigenständigkeit seiner Kulturen wurde einerseits gering geachtet oder sogar übersehen; die Einbindung Ägyptens in den schwarzafrikanischen Kulturkreis ist andererseits bislang kaum Gegenstand wissenschaftlicher Forschung gewesen.
Die herausragende Qualität der Keramik während einer immensen Zeitspanne von rund 7000 Jahren ist ein Charakteristikum der nubischen Kulturen. Keramische Produktion auf höchstem Niveau findet man dort vom Neolithikum bis in die nachmeroitische Zeit, also über einen Zeitraum von ca. 5000 v. Chr. bis 1000 n. Chr. Ihre Eigenständigkeit drückt sich sowohl in den Formen und der Bearbeitung der Oberfläche wie auch in der Dekoration aus, die oftmals eine Entsprechung in afrikanischer Ware findet und damit die Wurzeln Nubiens in Schwarzafrika belegt.
Die Funde der neolithischen Zeit belegen bereits für das späte 5. und frühe 4. Jahrtausend v. Chr. einen technischen und künstlerischen Standard, der im gleichzeitigen Ägypten keine Entsprechung findet:Nubien geht Ägypten in der kulturellen Entwicklung mehr als 500 Jahre voran.
Von wenigen Jahrhunderten abgesehen bleibt die Keramik über 7000 Jahre lang das bevorzugte Ausdrucksmittel der Kunst: Tongefäße aus den verschiedenen Kulturen des antiken Sudan sind Meisterwerke keramischen Schaffens und zählen zum Besten, was in dieser Gattung auf dem "Schwarzen Kontinent" geschaffen wurde.