03.12.2011 - 28.05.2012
Glas fasziniert und bezaubert - die jahrhundertealte Begeisterung für dieses geheimnisvolle und funkelnde Material ist wohl darauf zurückzuführen, dass Glas lange Zeit der einzige transparente Feststoff war. Dieser Eigenschaft hat der Werkstoff seine Kostbarkeit zu verdanken. Doch auch seine aussergewöhnliche Formbarkeit verlieh Glas schon immer eine besondere Bedeutung. Unterdessen erweitern neue Verfahren und Technologien die Möglichkeiten: So dient Glas beispielsweise der Herstellung von modernen Verbundwerkstoffen und Textilien oder es ist Bestandteil "intelligenter Werkstoffe", so genannter Smart Materials.
Die Ausstellung widmet sich diesem verblüffend widersprüchlichen Material, das in seiner Erscheinung scheinbar eindeutig, im Aufbau und seiner Verarbeitung aber äusserst komplex ist. Ursprünglich aus Quarzsand, Kalk und Pottasche gefertigt, bestimmen heute hunderte von Rezepturen die vielfältigen Eigenschaften. Glas ist hart und beständig, wird jedoch bei Wärmeinwirkung weich, flüssig und verformbar – es kann so fein und biegsam sein wie Papier und trotzdem als tragendes Element statische Funktionen in Gebäuden übernehmen – es zerspringt bei grossen Spannungen in tausend Stücke und hält als Glaskeramik den grössten Temperaturdifferenzen stand.
Der erste Teil der Ausstellung vermittelt den kulturgeschichtlichen und technischen Hintergrund der handwerklichen und industriellen Glasproduktion anhand von zwei gegensätzlichen Beispielen: Für die traditionelle Dorfglashütte steht das Städtchen Lauscha im Thüringer Wald mit einer umfangreichen Heimindustrie, wo im Verlagsystem Christbaumschmuck, Glasperlen und andere handwerkliche Glaserzeugnisse produziert wurden. Daneben legten Ende des 19. Jahrhunderts Otto Schott, Ernst Abbe und Carl Zeiss in der Industriestadt Jena mit ihren wissenschaftlichen Untersuchungen den Grundstein für die moderne Glasindustrie.
Ein wesentlicher Teil der Ausstellung widmet sich den funktionellen und künstlerischen Anwendungen in Architektur, Design und Kunst. Diashows vermitteln die verschiedenen Phasen in der Architektur, in denen das Flachglas entscheidende Entwicklungen ausgelöst hat. Materialbeispiele und Videos zeigen den wechselseitigen Einfluss von Architekturgeschichte und Entwicklungen in der Flachglasproduktion, von der gotischen Kathedrale bis zu Funktionsgläsern in modernen Hightechbauten.
Im Bereich Design und Kunst zeigt eine Vielzahl von Objekten die mannigfaltige Gestaltbarkeit von Glas zwischen handwerklicher Fertigung und industrieller Herstellung, zwischen Gebrauchsglas und Kunstobjekt. Neben einigen Pionieren des Gebrauchsglases im
20. Jahrhundert wie Wilhelm Wagenfeld und Heinrich Löffelhardt werden die bis heute wirksamen, unterschiedlichen Traditionen des künstlerisch anspruchsvollen Designs am Beispiel skandinavischer und italienischer Manufakturen vorgestellt. Dies veranschaulichen aktuelle Arbeiten, welche in enger Zusammenarbeit von Designern mit professionellen Glasstudios entwickelt wurden. Zudem dokumentiert die Ausstellung eine Vielfalt von rein künstlerischen Werken, die seit den 1970er Jahren entstanden sind.