22.06.2007 - 19.08.2007
Der in Berlin lebende Künstler Ulf Aminde (geb. Stuttgart, 1969) wird in den nächsten Monaten in Bremen sein Projekt „Strasse ist Strasse und keine Konzeptkunst", das 2006 mit dem Autoren- und Produzentenpreis des Jungen Theaters Bremen ausgezeichnet wurde, realisieren. Dabei lässt er sich von der sehr grundsätzlichen Frage nach der Bedeutung der Kultureinrichtungen leiten; vor allem „in einer Zeit, in der Sparmaßnahmen - oder sonstige Bezeichnungen für ein gesellschaftliches Desinteresse - das bestimmen, was sich eine kulturelle Gesellschaft leisten kann", so Aminde.
Mit Menschen von und auf der Straße will Aminde mit seiner Videokamera spielerisch ausloten, wie ein Ausstellungsraum, ein Konzertsaal, eine Bühne oder eine Lesung funktionieren: in improvisierten Szenen, situativ an „Originalschauplätzen" der Bremer Kultur. Welche Relevanz hat ein Ort der Kultur wie beispielsweise ein Theater für die Bewohner der Stadt? Was genau passiert in einem Museum? Wer geht hinein und wer bleibt draußen und warum? Wer interessiert sich überhaupt für Kultur? Wie funktioniert eine Galerie? Für wen ist sie bestimmt und welche Möglichkeiten der Auseinandersetzung mit Kunst bietet sie?
Aminde sieht sich dabei als Beobachter dessen, was in einer bestimmten Konstellation geschieht. Seine Recherche über Stadt und Kultur sucht Rollen, die man spielt, und Klischees, die man - vielleicht auch unbewusst - reproduziert. Es geht also auch um die Frage: Wie echt können solche Statements sein? Die Auseinandersetzung mit den Orten, seien es ein Büro, eine Kantine oder die Garderobe, mit den Verantwortlichen eines Hauses und den eingeladenen Protagonisten lässt kleine Szenen entstehen, die er/sie oder mehrere für die Kamera an dem jeweiligen Ort aufführen werden. Aber wer ist eigentlich der Autor, wer der Regisseur? „Strasse ist Strasse und keine Konzeptkunst" ist deshalb auch ein Nachdenken darüber, wie Inhalte ihre Form bekommen und in welchem Verhältnis diese beiden Komponenten zueinander stehen.
Formal visioniert Aminde seinen filmischen Reigen idealer Weise als einen „durchwandelbaren" Film, bei dem die Betrachter beim Passieren verschiedener Projektionen die Szenen selbst verketten müssen. Die eigenen Bilder oder Assoziationen sollen sozusagen die Brücken zwischen den verschiedenen Akteuren, Kommentaren und Stimmen bilden, so dass die Besucher aus den einzelnen Sequenzen im Raum ihren Film erstellen.
Ulf Aminde definiert in seinen Videoprojekten vermeintlich kunst-ferne Räume als Bühnen und lässt darauf jene agieren, deren Stück die eigene Biografie widerspiegelt: Paare zum Beispiel, die in den Schauräumen eines Ikea-Marktes Soap-Szenen improvisieren; Alkoholiker, die Amindes Kamera beim sonnabendlichen Fußballspielen beobachtet; Punks, die vor der Kulisse eines Abbruchhauses „Reise nach Jerusalem" spielen oder Obdachlose, die in der Berliner MoMA-Ausstellung den Kanon der modernen Malerei kommentieren. Amindes Arbeiten verbinden Elemente aus Film, Bildender Kunst und Performance zu einem eigenwilligen Rechercheverfahren, das sich den realen Verhältnissen mit einer intelligenten Mischung aus Empathie und Distanz nähert, dem die Probleme der teilnehmenden Beobachtung sehr bewusst sind.