Gesellschaft für Aktuelle Kunst Bremen, Postkarte, Kette, Fernglas, Boot Courtesy; Nina Hoffmann; Foto: Tobias Hübel
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Gesellschaft für Aktuelle Kunst Bremen

GAK Gesellschaft für Aktuelle Kunst Bremen, Foto: Peter Podkowik
GAK Gesellschaft für Aktuelle Kunst Bremen, Foto: Peter Podkowik
Gesellschaft für Aktuelle Kunst Bremen, Postkarte, Kette, Fernglas, Boot Courtesy; Nina Hoffmann; Foto: Tobias Hübel
Gesellschaft für Aktuelle Kunst Bremen, Postkarte, Kette, Fernglas, Boot Courtesy; Nina Hoffmann; Foto: Tobias Hübel

Teerhof 21
28199 Bremen
Tel.: 0421 50 08 97
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Öffnungszeiten:

Di-So 11.00-18.00 Uhr
Do bis 20.00 Uhr

Peles Empire: Ever Build

23.02.2014 - 08.06.2014

Kopien sind eng mit ihrem Original verknüpft und geben doch ein verzerrtes Bild auf das ab, was sie duplizieren. Kopien wiederholen und sichern ihre Vorlage, aber eröffnen auch die Möglichkeit, eine neue Perspektive auf sie einzunehmen – denn bereits der Vorgang der Reproduktion selbst entfernt sich vom Original, so dass die Kopie immer im gewissen Sinne eine Abstraktion ihrer Vorlage ist und eine Verschiebung in Wahrnehmung, Ausformung oder Material stattfindet.
Diesen Mechanismen spüren Peles Empire, ein Zusammenschluss der Künstlerinnen Katharina Stöver und Barbara Wolff, auf vielfältige Weise nach. Ausgangspunkt ist dabei das Schloss Peles, eine für König Carol I. Ende des 19. Jahrhunderts fertig gestellte Sommerresidenz in den rumänischen Karpaten. Die Innenausstattung von Peles zeichnet sich durch einen wilden Stilmix aus, in dem jeder Raum unterschiedlichen Epochen der Vergangenheit gewidmet ist. So gibt es etwa ein gotisches, ein barockes, ein Renaissance- oder ein Art Déco-Zimmer. Der Grundgedanke des Schlosses ist also der einer Architektur gewordenen Kopienansammlung, ein Gestalt gewordener Traum historistischer Bau- und Ausstattungskultur. 2005 hat das Künstlerduo Peles Empire begonnen, einzelne Räume des rumänischen Schlosses fotografisch festzuhalten. Seither sind diese Aufnahmen auf unterschiedliche Weise Dreh- und Angelpunkt ihres künstlerischen Schaffens. Sie bilden die Grundlage nicht nur von eigenen Arbeiten, sondern auch von kuratorischen Projekten.
So rekonstruieren Stöver und Wolff auf der Basis der in Peles gemachten Fotografien einzelne Räume des Schlosses, indem die Bilder den jeweiligen Ausstellungsraum wie Wandtapeten auskleiden. Diese Situation bildet oft den Hintergrund für Ausstellungen anderer, vom Duo eingeladener Künstler/innen (z.B. in ihrer ehemaligen Wohnung in Frankfurt oder in den von ihnen betriebenen Projekträumen in London und dem rumänischen Cluj). Die rekonstruierten Räume können aber auch als eigenständige Setzung bestehen (etwa 2009 in der Gruppenausstellung Space Revised. Friendly Takeovers in der GAK Bremen oder 2011 im Rahmen der Frieze Projects in London). Wesentlich ist hier zum einen die wechselnde Verortung im Privaten und Öffentlichen: Einmal als Salon in der eigenen Wohnung, einmal als Bar auf einer Kunstmesse, einmal im geschützten Rahmen einer Institution oder schließlich als Ausstellungsraum im Londoner Atelier. Zum anderen steht die Verschiebung von der Dreidimensionalität des originalen Schlossraumes hin zur Zweidimensionalität seiner Reproduktion wieder zurück zur Dreidimensionalität des Ausstellungsraumes im Fokus, in dem die zweidimensionalen Kopien des Originals nun den Hintergrund bilden für eigene Installationen oder die von Künstlerkolleg/innen. Eine schrittweise Verzerrung auf allen Ebenen also. In diesem Zusammenhang fügt sich auch der Ausschank rumänischen Schnapses in der Peles-Bar der Frieze Kunstmesse sinnfällig ein – führt sein Konsum doch ebenfalls zu einer verzerrten Wahrnehmung unserer Welt.
Ab 2012 fanden die Kopieversionen des Schlosses ihren Weg zurück in ihr Ursprungsland: Für etwa ein Jahr betrieben Peles Empire einen Projektraum in Cluj, Rumänien. Teil des Konzeptes war es, Künstler/innen parallel in London und Cluj einzuladen. Um die Gleichheit und Unterschiedlichkeit der beiden Orte zu verdeutlichen, bildete derselbe Schlossraum den Hintergrund der dort stattfindenden Präsentationen – allerdings in Großbritannien in S-W-, in Rumänien in Farbaufnahmen. Die ausstellenden Künstler/innen bekamen für die Art des Umgangs mit den dort bereits befindlichen Interventionen der Betreiberinnen keinerlei Vorgaben: „Wir treten komplett in den Hintergrund. Wir bieten in diesem Zusammenhang etwas Statisches, das sich nur durch die Spuren der letzten Ausstellungen und durch die Arbeiten der Künstler verändert. Der Einfluss der Künstler auf uns besteht vor allem darin, die permanente Installation mit anderen Augen sehen zu können.“ (Peles Empire)
Seit 2010 setzt sich das Duo auch auf andere Weise mit der Herangehensweise und dem Bildmaterial des Schlosses auseinander und treibt den Gedanken der Abstrahierung eines Originals mittels seiner Reproduktion immer weiter. Peles Empire sind hier weiter an der Methode interessiert, am Kopieren und hierarchielosen Nebeneinanderstellen verschiedener Materialien und Stile, und verzerren so die Vorlage immer mehr. Grundlage der neuen Arbeiten sind ebenfalls die Schnittstelle von drei- und zweidimensionalem Raum, von Objekt und Bild sowie die Möglichkeiten der Materialverschiebung. Dafür kopieren die Künstlerinnen Ausschnitte ihrer großformatigen Fotografien des Schlosses in s/w auf DINA3-Papier (einem klassischen Kopienformat), stellen also Reproduktionen her, die in ihrer Farbigkeit, Materialität und Ausschnitthaftigkeit kaum noch einen Hinweis auf ihr Original geben. Die s-w-Kopien werden zu Pappmaché weiterverarbeitet und zu großen Skulpturen geformt, die eine minimalistische Formensprache zitieren. Sie werden zu Wänden und Sockeln, die sich als Hybride zwischen eigenständiger Setzung und Träger für andere Werke verorten. Oft übernehmen sie eine Aufgabe im architektonischen Gesamtzusammenhang des Raumes, sind Abtrennung oder Sichtschutz. Oft dienen sie auch als Untergrund für die Keramiken und kleineren Objekte von Peles Empire – auch sie weitere Verzerrungen der DINA3-Papiere oder der originalen Ausstattungsgegenstände des Schlosses.
Für die Ausstellung in Bremen werden diese neueren Arbeiten in einer eigens für den Ort entwickelten, zweigeteilten Präsentation zu sehen sein. Der vordere Ausstellungsteil wird in den hinteren ebenso leiten, wie die direkte Sicht auf ihn versperren und zeigt auf großen Pappmachéwänden eine abstrahierte Ansicht des Schlosses. Im hinteren Teil wird es abstrakter. Das Schloss löst sich in großformatigen Zement- und Pappmaché-Arbeiten schrittweise im gleichen Maße vom ursprünglichen Bildmaterial wie es seine Methode in den Vordergrund rückt. Die Werke fungieren allerdings nicht mehr als Träger für Keramik- und Pappmaché-Objekte, sondern werden nun ihrerseits von ihnen getragen.

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