Der Unternehmer und Bankier Barthold Suermondt (1818 – 1887) hatte bis in die 1870er Jahre hinein eine der bedeutendsten privaten Sammlungen von Gemälden und Zeichnungen alter Meister in Deutschland zusammengetragen. 1873 war er jedoch gezwungen, seine Kunstsammlung zu veräußern und bot sie den königlichen Museen in Berlin zum Kauf an. Im Dezember 1874 wurde im Inventarbuch des Kupferstichkabinetts der Eingang von 418 Zeichnungen festgehalten. Weitere Blätter aus Suermondtschem Besitz fanden 1879 und 1884 ihren Weg nach Berlin, sodass insgesamt 435 Zeichnungen die Bestände des Berliner Kupferstichkabinetts bereicherten. Bei dem weitaus größten Teil dieser Blätter handelt es sich um Werke niederländischer Meister aus dem 17. Jahrhundert. Zu dieser Zeit dienten Zeichnungen nicht mehr nur der Vorbereitung von Gemälden, sondern errangen den Status autonomer Kunstwerke. Neben religiösen Sujets, Genreszenen, Figuren- und Tierstudien bilden Landschaften und maritime Motive eine kohärente Gruppe.
Die Ausstellung zeigt zwanzig Blätter aus Suermondtschem Besitz, die das Leben am Wasser thematisieren. Etwa die Hälfte der Niederlande liegt weniger als einen Meter über, rund ein Viertel des Landes unter dem Meeresspiegel. An die zerklüftete Küstenlinie mit den Flussmündungen von Rhein, Maas und Schelde schmiegen sich die Seehäfen von Amsterdam und Rotterdam. Durch die vorteilhafte geographische Lage, eine beachtliche Flotte seegängiger Schiffe und eine bedachte Zollpolitik kontrollierten die Niederländer schon am Anfang des 17. Jahrhunderts fast die gesamte Frachtschifffahrt des Kontinents. Zu Recht wurden sie die „Fuhrleute Europas“ genannt. Die Künstler dieser Zeit drückten die Begeisterung für die Seefahrt in ihren Werken aus und schürten diese damit gleichzeitig. Majestätisch ragen Handels- und Kriegsschiffe bei Willem van de Velde d. J. wie Kolosse aus der ruhigen See. Bei Ludolf Bakhuysen wirken die Fischerboote zwergenhaft neben einem Linienschiff mit geblähten Segeln. Mit enormer Detailfreude portraitierte Willem van de Velde d. Ä. die Mehrdecker mit ihren prachtvollen Heckspiegeln.
Doch stellte das Wasser in den Niederlanden auch im Binnenland einen bedeutenden Wirtschaftsfaktor dar. Flüsse und Kanäle, Deiche und Brücken prägen die Landschaft bis heute. Selbst der Blick aus der Ferne wie in den Arbeiten Pieter de Withs und Philips Konincks schließt Segelboote und Kähne auf den Wasserstraßen mit ein. Selten zeigen die Künstler das Wasser unbelebt: Angler, Fischer und Fuhrleute bevölkern die Flüsse und Kanäle in den Darstellungen Jan van Goyens, Adriaen Verbooms und Jan van de Cappelles. Auch Zugbrücken, Schleusen und Wehre in den Zeichnungen Anthonie van Borssoms, Gerard Ter Borchs und Simon de Vliegers zeugen von der Kompetenz der Niederländer, im Einklang mit dem Wasser zu leben.