Anders als in den süddeutschen Kunstzentren der Renaissance, reflektierten in Westfalen nur wenige Künstler die gesellschaftlichen Umwälzungen der Zeit in ihren Arbeiten. Zu diesen Wenigen gehört der in Paderborn geborene und in Soest wirkende Kupferstecher, Zeichner und Maler Heinrich Aldegrever (*1502 †um 1555-1561). Seine Stärke lag in der Weiterentwicklung und zeitgemäßen Aktualisierung der Gattung Kupferstich und der Erfindung detailreicher, lebendiger Bilderzählungen. Aldegrever zählt zu den bedeutendsten Vermittlern einer Kunst zwischen der Blüte der deutschen Renaissance zu Beginn und dem Höhepunkt des Manierismus gegen Ende des 16. Jahrhunderts.
Kaum mehr als Geburts- und Wirkungsort ist über die Biographie Aldegrevers bekannt. Neben vereinzelten schriftlichen Quellen lassen einige seiner Werke auf eine reformatorische oder zumindest kritische Haltung gegenüber den zeitgenössischen klerikalen Zuständen schließen. Aldegrevers meist kleinformatige (daher der Titel Kleinmeister) Arbeiten behandeln neben aktuellen religiösen auch antike und profane Themen. Bedeutende Persönlichkeiten aus seiner Heimat hat er im Porträt festgehalten. Feine ornamentale Arbeiten dienten als Vorlage für Goldschmiedearbeiten und Holzschnitzereien.