Eine Premiere in Branitz und der Lausitz! Erstmals präsentiert eine Ausstellung im Schloss Branitz die „wahren Herrscher“ der Region. Vom ausgehenden Mitt elalter bis zum 19. Jahrhundert lag die Niederlausitz als Grenzland fernab vom jeweiligen Landesherrn. Das Markgraftum gehörte zunächst zum Königreich Böhmen, dann zum Kurfürstentum Sachsen und schließlich zu Brandenburg. Die Schwäche der Landesherrschaft eröffnete dem Adel viel Spielraum zur freien Entfaltung. Er herrschte fast unbeschränkt auf seinen Gütern.
Bereits in böhmischer Zeit entstanden die HERRSCHAFTEN der Niederlausitz, große Adelsbesitzungen mit einem zentralen Ort und mehreren Dörfer und Vorwerk en, die heute teilweise in Polen liegen - Lübbenau, Sonnewalde, Lieberose, Drehna, Straupitz, Forst, Pförten (Brody) oder Sorau (Żary). Wie „kleine Fürsten“ regierten die Standesherren ihre Untertanen. Mehr als die Hälfte der Niederlausitz gehörte zu einer adligen Standesherrschaft.
Politik-, Kultur- und Selbstverständnis der „kleinen Fürsten“ stehen ab Mai im Mittelpunkt einer Ausst ellung im Schloss Branitz. Die Präsentation bietet anhand von Gemälden und Graphik, Mobiliar und Kunsthandwerk aus 6 Jahrhunderten sowie ausgewählte n Kunstzeugnissen aus Schlössern und Kirchen der Niederlausitz einen Blick auf diese wenig bekannte Geschichte der Niederlausitz zwischen Böhmen, Sachs en und Brandenburg-Preußen.
Die Kuratorin Dr. Simone Neuhäuser hat nach monatel angen Recherchen über 100 Exponate zusammen getragen, die auf 470 qm Ausstellungsfläche präsentiert werden. Dazu gehört zum Beispiel das unter den Brüdern Johann III. und Ulrich II. von Biberstein e ntstandene Landregister der Herrschaft Sorau von 1381. Es ist eine für die Niederlausitz einzigartige Quel le und das älteste Exponat der Ausstellung. Auf den Pergamentseiten des Buches wurde mit schwarzer und roter Tinte festgehalten, welchen Umfang die Herrschaft hat, welche Dörfer dazugehören, wer in den Dörfern lebt und wie viel Steuern er zu zahlen hat. Ein Steuerregister des Mittelalters!
Der erste habsburgische Markgraf der Niederlausitz, König Ferdinand I., bestätigte am 26. Mai 1538 den Niederlausitzer Standesherrn, seinen adligen Vasallen, wichtige Verfügungsrechte über ihre Güter. Sein „Privilegium Ferdinandeum“ (die Urkunde wird in Branitz zu sehen sein) bildete seitdem das Kernstück der niederlausitzischen Lehnverfassung. Ein Bildnis Kaiser Ferdinand I. (1503-1564) aus dem Nationalmuseum Breslau zeugt noch heute davon.
Die Besucher lernen nicht nur die Herrschaften kennen, sondern auch ihre Inhaber, Persönlichkeiten, die auf unterschiedliche Weise den Herausforderungen ih rer Zeit begegneten: als geschickte Verwalter ihrer Familiengüter, im Dienst an den Höfen in Wien, Dresden oder Berlin, als Politiker oder kunstverständige Mäzene. Deutlich werden die besonderen Rechtsverhältnisse und Traditionen in der zwischen Sachsen und Preußen geteilten Niederlausitz. Manche Adelsfamilie prägte über Jahrhunderte Geschicke und Entwicklung ihrer Herrschaft, neben Brühls und Pücklers waren darunter so bekannte Geschlechter wie die Grafen zu Solms, von der Schulenburg, zu Lynar, die gräflichen Familien von Promnitz und von Houwald oder die Edlen Herren von Bieberstein.