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Deutsches Theatermuseum


Galeriestr. 4a (Hofgartenarkaden)
80539 München
Tel.: 089 21 06 91 20
Homepage

Öffnungszeiten:

Di-So 10.00-16.00 Uhr

Wedekinds Welt

25.07.2014 - 11.01.2015

Hereinspaziert in die Menagerie,
Ihr stolzen Herrn, ihr lebenslust'gen Frauen,
Mit heißer Wollust und mit kaltem Grauen
Die unbeseelte Kreatur zu schauen,
Gebändigt durch das menschliche Genie.
Was seht ihr in den Lust- und Trauerspielen?! –
Haustiere, die so wohlgesittet fühlen,
An blasser Pflanzenkost ihr Mütchen kühlen
Und schwelgen in behaglichem Geplärr,
Wie jene andern – unten im Parterre:
(...)
Das wahre Tier, das wilde, schöne Tier,
Das – meine Damen! – sehn Sie nur bei mir.
Sie sehen den Tiger, der gewohnheitsmäßig,
Was in den Sprung ihm läuft, hinunterschlingt;
Den Bären, der, von Anbeginn gefräßig,
Beim späten Nachtmahl tot zu Boden sinkt;
Sie sehn den kleinen amüsanten Affen
Aus Langeweile seine Kraft verpaffen;
Er hat Talent, doch fehlt ihm jede Größe,
Drum kokettiert er frech mit seiner Blöße;
Sie sehn in meinem Zelte, meiner Seel,
Sogar gleich hinterm Vorhang ein Kamel!
(...)
Sie sehn auch das Gewürm aus allen Zonen:
Chamäleone, Schlangen, Krokodile,
Drachen und Molche, die in Klüften wohnen.
(...)
He, Aujust! Bring mir unsre Schlange her!
Ein schmerbäuchiger Arbeiter trägt die Darstellerin der Lulu in ihrem Pierrotkostüm aus dem Zelt und setzt sie vor dem Tierbändiger nieder.
Sie ward geschaffen, Unheil anzustiften,
Zu locken, zu verführen, zu vergiften –
Zu morden, ohne daß es einer spürt.
Lulu am Kinn krauend.
Mein süßes Tier, sei ja nur nicht geziert!
(...)
Du hast kein Recht, uns durch Miaun und Fauchen
Die Urgestalt des Weibes zu verstauchen.
(...)
Es ist jetzt nichts Besondres dran zu sehen,
Doch warten Sie, was später wird geschehen.
(...)
Hopp, Aujust! Marsch! Trag sie an ihren Platz –
Der Arbeiter nimmt Lulu quer auf die Arme; der Tierbändiger tätschelt ihr die Hüften.
Die süße Unschuld – meinen größten Schatz!
Der Arbeiter trägt Lulu ins Zelt zurück.
Und nun bleibt noch das Beste zu erwähnen:
Mein Schädel zwischen eines Raubtiers Zähnen.
(...)
Wißt ihr den Namen, den dies Raubtier führt? – –
Verehrtes Publikum – – Hereinspaziert!!

Vor allem mit den Dramen Frühlings Erwachen und Lulu wird der Name Frank Wedekind heute in Verbindung gebracht - beides Stücke, die zur Zeit ihres Entstehens für heftige Skandale sorgten, inzwischen jedoch dem klassischen Theaterkanon der Moderne angehören.
Wedekind schrieb allerdings noch weitere zwanzig Theaterstücke, die heute in der Mehrzahl unbekannt sind. Darin führte er die Auseinandersetzung mit jenen Themen weiter, die ihn lebenslang beschäftigten: das Verhältnis zwischen Mann und Frau, der gesellschaftliche Umgang mit Sexualität und Körperlichkeit, das Verhältnis zwischen Kunst und Kommerz.
Außerdem war Wedekind Lyriker, Satiriker, Schauspieler, Sänger und Werbetexter - ein vielseitiger, stets zur Provokation aufgelegter Künstler, dessen Werk eine Wiederentdeckung lohnt.
Die Ausstellung in München, wo Wedekind einen großen Teil seines Lebens verbrachte, erschließt die Hauptkoordinaten seiner Theaterwelt und deren bemerkenswerte Wirkungsgeschichte in Film, Musik und Comics.

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